360°-Feedback

Die Entwicklung der Führungsmannschaft stimulieren

14.02.2008
Von Marion Wegner

Ein Beispiel aus der betrieblichen Praxis

Wie der praktische Einsatz des 360°-Feedback erfolgen kann, sei am Beispiel eines Technologiekonzerns erläutert, der dieses Tool seit fünf Jahren als Personal- und Organisationsentwicklungsinstrument nutzt. Nachdem die Grundsatzentscheidung gefallen war, wurde eine Projektgruppe gegründet, der neben Personal- und Organisationsentwicklern auch Vertreter der einzelnen Bereiche angehörten. Das Projektteam definierte zunächst die Befragungsbereiche und Themenschwerpunkte. Außerdem wurden die Bewertungskriterien und die Teilnehmergruppen bestimmt. Dann entwickelte die Projektgruppe einen modular aufgebauten Fragebogen.

Nachdem die Fragebogen entwickelt waren, wurden alle Beteiligten, Feedbackgeber und -nehmer, zu einer Kick-Off-Veranstaltung eingeladen. Dort erläuterte das Management, warum es das 360°-Feedback einführen möchte. Außerdem wurde das Verfahren und Vorgehen erläutert und mit den Teilnehmern diskutiert. Anschließend verteilten Mitarbeiter der Unternehmensberatung, die an dem Prozess beteiligt war, die Fragebogen. An das Beratungsunternehmen, also einen externen Partner, sollten die Feedbackgeber auch die ausgefüllten Bögen zurücksenden. Dort wurden sie bezogen auf die einzelnen Führungskräfte und die verschiedenen Feedbackgeber-Gruppen (Mitarbeiter, Kollegen und Vorgesetzte) ausgewertet. Letzteres ist wichtig, weil diese aufgrund ihrer Position und Funktion im Unternehmen zum Beispiel bezüglich des Kommunikationsverhaltens einer Führungskraft unterschiedliche Erwartungen haben. Deshalb müssen die Differenzen sichtbar bleiben.

Ergebnisse besprechen und Maßnahmen vereinbaren

Nachdem die Auswertungen vorlagen, traf sich der externe Berater mit den einzelnen Führungskräften zu Vier-Augen-Gesprächen und besprach mit ihnen die Ergebnisse. Sie schauten gemeinsam, wo Selbst- und Fremdbild der Führungskraft auseinander klaffen und der größte Erklärungs- und Entwicklungsbedarf besteht. Außerdem definierten sie gemeinsam die Themen, die die Führungskraft im anschließenden Workshop mit ihren Mitarbeitern erörtern möchte.

In diesen Workshops stellte die betreffende Führungskraft ihren Mitarbeitern jeweils zunächst die relevanten Ergebnisse des 360°-Feedbacks vor. Dann bat sie diese, um mögliche Erklärungen, wie einzelne Ergebnisse zustande kommen. Dabei war stets ein externer Berater als Moderator anwesend. Er strukturierte das Gespräch - unter anderem, um zu vermeiden, dass sich die Beteiligten in Details oder in der Vergangenheitsbewältigung verlieren.

Der Moderator stärkte aber auch allen Beteiligten den Rücken, offen Feedback zu geben. Dies erfordert in den Workshops oft Mut. Denn anders als bei der schriftlichen Befragung selbst wird in ihnen zuweilen die Anonymität durchbrochen. Schließlich kann sich eine Führungskraft, wenn ein Mitarbeiter anhand von Beispielen aus dem Alltag erläutert, wie eine Beurteilung zustande gekommen sein könnte, vorstellen, welche Bewertung ihm der betreffende Mitarbeiter gab. Deshalb muss, damit solche Workshops funktionieren, ein Mindestmaß an Vertrauen zwischen Mitarbeitern und Führungskraft bestehen.

Der externe Unterstützer sollte auch darauf achten, dass während des Workshops und im 4-Augen-Gespräch mit der Führungskraft, Maßnahmen vereinbart werden, wie erkannte Mängel im Führungsverhalten und in der Zusammenarbeit beseitigt werden können. Denn das 360°-Feedback ist kein Selbstzweck. Es soll vielmehr Entwicklungsprozesse anstoßen oder forcieren.

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