360°-Feedback

Die Entwicklung der Führungsmannschaft stimulieren

14.02.2008
Von Marion Wegner

Entwicklungsprozesse steuern und evaluieren

Ein ähnliches, wie das oben skizzierte Verfahren praktizieren viele Unternehmen, die mit dem Instrument 360°-Feedback arbeiten. In der Regel führen sie die mit dem 360°-Feedback verbundene Befragung mehrmalig, wenn nicht gar regelmäßig durch - zum Beispiel alle zwei Jahre. Warum? Als Organisationsentwicklungsinstrument hat das 360°-Feedback einen Verlaufscharakter. Setzt man es nur einmalig ein, werden keine Veränderungen sichtbar. Folglich können die Resultate auch nicht genutzt werden, um den Veränderungsprozess zu steuern.

Damit das Instrument 360°-Feedback erfolgreich in Unternehmen eingeführt und etabliert werden kann, müssen gewisse Voraussetzungen gegeben sein. So sollte es zum Beispiel Promotoren auf der ersten Hierarchieebene geben, die sich mit dem Instrument identifizieren und den Prozess - auch nach der ersten Runde - aktiv begleiten. Fehlt diese Unterstützung oder besteht gar Widerstand aus der ersten Reihe, ist das Projekt zum Scheitern verurteilt. Auch der Betriebsrat sollte früh eingebunden werden.

Wird der Betriebsrat früh eingebunden und wird den Mitarbeitern offen das "Wie, Wo, Was, Warum" kommuniziert, dann ist Bereitschaft zur aktiven Beteiligung in der Regel hoch. So berichten Unternehmen zum Beispiel immer wieder, dass mehr als 90 Prozent aller potentiellen Feedbackgeber die Fragebögen ausgefüllt hätten. Und häufig berichten ihre Mitarbeiter schon nach der ersten Feedbackrunde über deutliche Verbesserungen in der Zusammenarbeit mit der Führungskraft. Deshalb ist 360°-Feedback kein reines Diagnoseinstrument. Es ist zugleich ein Instrument, um die interne Diskussion über Formen der Zusammenarbeit zu anzuregen und Veränderungen im Führungsverhalten auszulösen.

Zunehmend setzen Unternehmen das 360°-Feedback auch als reines Personalentwicklungsinstrument ein - zum Beispiel bei jungen Führungskräften mit Entwicklungspotential. Diesen unterbreiten zahlreiche Unternehmen das Angebot, sich ein individuelles 360°-Feedback erstellen zu lassen. Wer ihnen Feedback gibt, entscheiden die betreffenden Personen dabei zumeist selbst - in Abstimmung mit einem externen Berater, der sie bei ihrer Entwicklung begleitet. Mit diesem erörtern sie auch in anschließenden Einzelcoachings die Ergebnisse, um daraus mögliche Entwicklungsschritte und -maßnahmen abzuleiten. Ob die Führungskräfte dieses Förderangebot seitens ihres Unternehmens nutzen, das entscheiden diese weitgehend selbst. Denn Freiwilligkeit lautet eine Grundmaxime beim 360°-Feedback - ganz gleich, ob es primär als Personal- oder Organisationsentwicklungsinstrument genutzt wird.

Zur Autorin: Dr. Marion Wegner arbeitet als Coach und Beraterin für die Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal, Tel. 07251/989034; E-Mail: marion.wegner@kraus-und-partner.de. Sie hat über das Thema "Personale Entwicklungsprozesse im Management - 360-Grad-Feedback und Coaching von Führungskräften" promoviert. Die Promotion ist im Waxmann Verlag als Buch erschienen. Sie hat an der Universität Freiburg ein K360° genanntes computergestütztes Tool entwickelt, mit dem Unternehmen den Einsatz des 360°-Feedback in ihrer Organisation planen und durchführen können. (gn)

Zur Startseite