Freiberufler: Geldanlage beim Finanzamt

Dr. jur. Benno Grunewald ist Fachanwalt für Steuerrecht in Bremen. Er ist auf Selbständige und Unternehmen spezialisiert.
Viele Selbstständige in der IT-Branche zahlen Gewerbesteuer, obwohl sie es nicht müssten: Unter bestimmten Voraussetzungen haben sie nämlich einen Freiberuflerstatus. Warum es sich lohnt, die Einstufung zu ändern, erklärt Rechtsanwalt Dr. Benno Grunewald.

I. Hintergrund

Viele Selbstständige im IT-Bereich zahlen Gewerbesteuer, obwohl sie es nicht müssten. Sie tun dies, weil sie sich selbst als gewerblich betrachten, einen entsprechenden Hinweis bzw. Ratschlag erhielten oder das Finanzamt diese Auffassung vertritt.

Aus diesem Grunde legen viele Selbstständige gegen die jährlichen Gewerbesteuermessbescheide keinen Einspruch ein. Somit werden die Bescheide nach Ablauf der Einspruchsfrist von einem Monat rechtskräftig und damit offensichtlich nicht mehr änderbar.

Unter bestimmten Umständen können aber auch rechtskräftige Gewerbesteuermessbescheide noch Jahre später geändert oder aufgehoben werden. In einem solchen Fall führt dies nicht nur zur nachträglichen Anerkennung als Freiberufler mit allen damit verbundenen Vorteilen sondern auch zur Erstattung der bereits gezahlten Gewerbesteuer mit einer jährlichen Verzinsung von sechs Prozent durch das Finanzamt.

II. Sechs gute Gründe pro Freiberuflichkeit

1. Sie zahlen keine Gewerbesteuer

Trotz der ab 2001 möglichen teilweisen Verrechnung der Gewerbesteuer mit der Einkommensteuer zahlen nur wenige Selbstständige tatsächlich keine Gewerbesteuer mehr. Besonders in Städten und Gemeinden mit einem Gewerbesteuer-Hebesatz von mehr als 330 Prozent wird auch nach 2001 Gewerbesteuer in der Regel zu zahlen sein. Als Freiberufler zahlen Sie keine Gewerbesteuer.

2. Sie unterliegen keiner Bilanzierungspflicht

Durch die mit der Gewerblichkeit verbundene Bilanzierungspflicht entstehen Ihnen ein zusätzlicher Aufwand und zusätzliche Kosten für den Steuerberater, da Sie wohl nur selten selbst eine Bilanz erstellen werden. Als Freiberufler müssen Sie nicht bilanzieren.

3. Sie müssen keine Buchhaltungspflicht beachten

Der Wegfall der Buchhaltungspflicht bedeutet ebenfalls die Vermeidung von Aufwand und Kosten für Sie. Als Freiberufler brauchen Sie keine Buchhaltung.

4. Sie zahlen keinen IHK-Beitrag

Als Gewerbetreibender sind Sie Zwangsmitglied in der IHK und müssen einen entsprechenden, von Ihrer örtlich zuständigen IHK festgelegten Jahresbeitrag zahlen, der durchaus im vierstelligen Bereich liegen kann. Als Freiberufler sind Sie nicht Zwangsmitglied der IHK und müssen auch nicht zahlen.

5. Sie unterliegen nicht der Soll-Versteuerung

Wenn Sie als gewerblich eingestuft werden, müssen Sie die Umsatzsteuer bereits bei Stellung der Rechnung bzw. bei Fälligkeit Ihrer Forderung abführen. Da Sie zu diesem Zeitpunkt die Einnahme aus der Rechnung aber noch nicht erhalten haben, heißt dies, dass Sie die Umsatzsteuer dem Staat vorfinanzieren und Ihre Liquidität eingeschränkt wird. Als Freiberufler müssen Sie die Umsatzsteuer erst an das Finanzamt weiterleiten, wenn diese mit dem Rechnungsbetrag auf Ihrem Konto tatsächlich eingegangen ist; daher "Ist"-Versteuerung genannt.

6. Bei nachträglicher Anerkennung erhalten Sie die bereits gezahlte Gewerbesteuer mit sechs Prozent Verzinsung zurück

Werden Sie vom Finanzamt rückwirkend als Freiberufler anerkannt und haben Sie schon Gewerbesteuer gezahlt, zahlt Ihnen die Stadt-/Gemeindekasse die Gewerbesteuer zurück und verzinst diese Beträge mit 0,5 Prozent pro Monat, was einem Jahreszins von sechs Prozent entspricht. Diese Verzinsung beginnt 15 Monate nach Fälligkeit der Gewerbesteuer.

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