Führungskräfte (ge-)brauchen Macht

27.06.2006

Autoritäres Verhalten basiert oft auf Unsicherheit

Oft registriert man bei jungen Führungskräften - meist aus Unsicherheit und weil sie selbst unter einem enormen Druck stehen - auch das gegenteilige Verhalten. Sie praktizieren, um ihren Vorgesetzten und Mitarbeitern Tat- und Entschlusskraft zu beweisen, einen autoritären Führungsstil. Er manifestiert sich zum Beispiel darin, dass sie ihre Mitarbeiter selbst dann nicht in Entscheidungen einbeziehen, wenn diese bezogen auf bestimmte Fachfragen einen Kompetenzvorsprung haben - weil sie befürchten, ein Eingestehen von Wissens- und Erfahrungsdefiziten wird als Schwäche interpretiert. Die junge Führungskraft praktiziert also aus Unsicherheit und Unerfahrenheit einen autoritären Führungsstil, obwohl sie eigentlich einen partnerschaftlich-kooperativen Umgang mit ihren Mitarbeitern wünscht.

Einem solchen Verhalten liegen meist Versäumnisse des Unternehmens zugrunde. Sei es in der Form, dass die junge Führungskraft nicht ausreichend auf die Übernahme der Führungsposition vorbereitet wurde (oder ihr schlicht zu früh, Führungsaufgaben übertragen wurden). Oder sei es, dass die junge Führungskraft beim Wahrnehmen ihrer ersten Führungsfunktion nicht die nötige Unterstützung erfährt. Zum Beispiel durch Vorgesetzte oder externe Coachs.

Autoritäten sind nicht autoritär

In der Regel resultiert ein solches Fehlverhalten aber daraus, dass den jungen Führungskräften nicht ausreichend vermittelt wurde, dass jede Führungs-KRAFT zwar Macht braucht, ihre wahre Kraft sich aber aus der Fähigkeit speist, andere Menschen für sich einzunehmen und für die gemeinsamen Ziele zu "begeistern". Diese Fähigkeit brauchen insbesondere Führungskräfte, die beim Erfüllen der Aufgaben und Erreichen der Ziele auf ein aktives Mitdenken und -arbeiten der Mitarbeiter angewiesen sind - zum Beispiel, weil im Arbeitsalltag immer wieder neue Lösungen entwickelt werden müssen, weshalb ein Führen rein über Anweisungen nicht funktioniert.

Anders als in der Fachpresse oft suggeriert, gibt es in vielen Unternehmen aber auch noch Bereiche, in denen ein autoritärer Führungsstil nicht nur dominiert, sondern auch funktioniert. Hierbei handelt es sich meist um Bereiche, in denen vorwiegend relativ einfache, sich wiederholende Tätigkeiten ausgeführt werden. Deshalb ist ein Führen mittels Anweisungen und gemäß dem Prinzip "Befehl und Gehorsam" möglich. Anders ist es in den Bereichen, in denen die Mitarbeiter beim Erfüllen ihrer Aufgaben eine große geistige Flexibilität und hohe Identifikation mit ihrem Job zeigen müssen. Auch hier muss die Führungskraft, die ihr "verliehene" Macht zwar nutzen, mit ihr allein kann sie aber das Erreichen der Ziele auf Dauer nicht sichern.

Zum Autor: Roland Jäger ist Inhaber der Unternehmensberatung rj roland jäger management consulting, Wiesbaden, (Tel.: 0611/411 39 41; Mail: rj@konsequent-fuehren.de; Internet: www.konsequent-fuehren.de). Er ist Autor des Buchs "Kompetent führen in Zeiten des Wandels" (Beltz Verlag). (mf)

Zur Startseite