Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit

Hund aus Notlage befreit – kein Selbstverschulden

17.05.2010

Arbeitgeber muss Bezüge nachzahlen

So sah es nun auch das Arbeitsgericht Freiburg, betont Henn, und verurteilte Arbeitgeberin zur Nachzahlung der ausstehenden Bezüge.

Den Kläger treffe hier an seiner Arbeitsunfähigkeit kein Verschulden im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG. Schuldhaft im Sinne von § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG handele ein Arbeitnehmer dann, der gröblich gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten verstoße.

Im vorliegenden Fall sei unstreitig, dass eine Dogge den Hund des Klägers angriffen habe. Weiter sei unstreitig, dass im weiteren Fortgang der Rauferei die angreifende Dogge den Hund des Klägers im Nackenbereich biss und diesen hängend im Maul hielt, weshalb sich der Kläger zum Eingreifen entschloss. Somit befand sich der Kläger in einer Notlage: Greift er in die Rauferei ein, riskiert er, selbst gebissen zu werden. Greift er nicht, müsste er eine weitere Verletzungen seines Hundes, und damit seines Sacheigentums (§ 90a BGB), sehenden Auges hinnehmen. Somit hat sich der Kläger gerade nicht "ohne Not", sondern vielmehr wegen der bestehenden, aber von ihm nicht verschuldeten, Notlage der Gefahr ausgesetzt, die sich durch den Hundebiss auch realisiert habe.

In Fällen, in denen in der Rechtsprechung ein Verschulden im Sinne von § 3 EFZG angenommen wurde, war eine andere mögliche Handlungsalternative klar erkennbar: Wer z. B. eine Schlägerei provoziert, anstatt sich friedlich zu verhalten, handelt schuldhaft (vgl. etwa LAG Hamm, 24.09.2003, 18 Sa 785/03, NZA-RR 2004, 68).

Streichelt ein Arbeitnehmer z. B. einen Hund, obwohl er vom Hundehalter davor gewarnt und auf die Bissigkeit des Hundes hingewiesen worden war, handelt schuldhaft im Sinne von § 3 EFZG (vgl. ArbG Wetzlar, Urteil vom 04.04.1995, 1 Ca 589/94, JURIS).

In beiden geschilderten Fällen lag jeweils eine vernünftige und zumutbare Handlungsalternative offen zutage, die nicht zum Schaden geführt hätte.

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