Nach dem Willen von Intershop-CEO Jochen Moll sollte es 2014 für den E-Commerce-Software-Hersteller eigentlich steil bergauf gehen: Mit einem neuen Markenauftritt hatte das Unternehmen sein etwas altbackenes Image abgelegt, die neue Version der Intershop-Suite fokussierte auf das Trendthema Omnichannel und eine Niederlassung in Berlin sollte den Software-Hersteller von den Beschränkungen des Firmensitzes in Jena befreien. Mit neuen Produkten wie der Predictive-Analytics-Lösung Simcommerce bewies das Unternehmen zudem Innovationskraft.
Allein die Kunden wollten den Planspielen des Intershop-CEO nicht folgen: Für das erste Halbjahr 2014 vermeldete Intershop ein operatives Minus von 4,3 Millionen Euro sowie einen Umsatzrückgang von sechs Prozent auf 23,8 Millionen Euro. In der Folge korrigierte das Unternehmen seine Jahresprognose. Statt von einer leichten Steigerung der Nettoerlöse und einem negativen operativen Ergebnis (EBIT) im unteren einstelligen Millionen Euro-Bereich geht der E-Commerce-Software-Hersteller nun von einen rückläufigen Umsatz im einstelligen bis niedrigen zweistelligen Prozentbereich sowie einem negativen EBIT im mittleren einstelligen Millionen Euro-Bereich aus.
Über die jüngste Folge der schwachen Geschäftsentwicklung berichtet nun die Ostthüringer Zeitung: Intershop habe 100 seiner Mitarbeiter seit Montag Kurzarbeit verordnet. Betroffen seien Beschäftigte aus dem Entwicklungsbereich. Die Maßnahme sei zunächst für ein halbes Jahr geplant, werde vom Management aber kontinuierlich neu bewertet. "Wir haben unseren Vertrieb an einigen Stellen verstärkt, reorganisieren Teams, Strukturen und Prozesse an unseren Standorten und bewerten einige Investitionen und deren Umsetzungen neu", berichtet Intershop-CEO Jochen Moll der Regionalzeitung.
Konkurrenten werben um Mitarbeiter
Dass sich mit der Kurzarbeit eine Reihe hochqualifizierter Intershop-Mitarbeiter in einer prekären Situation befindet, ist auch den Wettbewerbern des Jenaer Unternehmens nicht verborgen geblieben. Das Werben um wechselwillige Intershop-Fachkräfte findet dabei nicht nur im Verborgenen statt: Rund um den Intershop-Tower in Jena sind bereits Plakate aufgetaucht - angesichts der in zwei Wochen stattfindenden Thüringischen Landtagswahlen wird derzeit in Jena ohnehin munter plakatiert - die sich mit Slogans wie "Jetzt wechseln!" und "Veränderung ist möglich!" nicht an unentschlossene Wähler sondern an Intershop-Mitarbeiter richten.
Besonders pikant ist, dass sich der Shopsoftware-Hersteller ePages als Initiator der Abwerbekampagne zu erkennen gibt. ePages-Chef Wilfried Beeck gehörte in den Neunziger Jahren zu den Mitgründern von Intershop und entwickelte nach seinem Ausscheiden 2002 bei ePages die "Intershop 4"-Produktlinie zu einer beliebten SaaS-Onlineshop-Lösung für kleine und mittlere Handelsunternehmen weiter. (mh)