Experten-Diskussion

Kann Social Business Hierarchien aufbrechen?

25.10.2012

Oft genutzt: Dokumenten-Sharing

Werner Degenhardt, LMU München: "Wir können sogar Berufungsprozesse für Professoren abbilden."
Werner Degenhardt, LMU München: "Wir können sogar Berufungsprozesse für Professoren abbilden."
Foto: LMU

Die Fakultät für Psychologie und Pädagogik an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München nutzt dazu "Vibe" von Novell, weil es auf Linux basiert, durch seine quelloffene Historie viele Anknüpfungspunkte für eigene Erweiterungen bietet und weil es "alle Informationen indiziert", zählte Werner Degenhardt, Akademischer Direktor an LMU in München, die Gründe auf. Eine oft genutzte Funktion ist die der virtuellen Seminarräume. Sie werden automatisch angelegt, sobald die Planungs-Software der Uni die Seminare für das kommende Semester zusammengestellt hat. In diesen virtuellen Räumen können Dozenten und Studenten ihre Arbeiten, Lehrmaterialien und Dokumente digital austauschen. Darüber hinaus kann die Uni mit Vibe auch Workflows abbilden. "Das machen wir etwa mit dem Berufungsprozess für Professoren", berichtete Degenhardt.

Entscheidend für die Akzeptanz der Funktionen durch die Mitarbeiter ist ihre Tauglichkeit im Alltagsgeschäft. Hilfreiche Tools werden untereinander weiterempfohlen und stiften bisweilen unvorhersehbaren Nutzen. So integriert IBMs Social-Business-Plattform "Connections" beispielsweise die Funktion "Aktivitäten". Hier können Anwender Informationen für Kollegen hinterlegen, welche Aufgaben sie gerade bearbeiten oder womit sie sich beschäftigen. "Die Funktion Aktivitäten hat sich zur Killerapplikation von Connections entwickelt", schilderte Stefan Pfeiffer, Marketing Lead Social Business Europe bei IBM Deutschland, seine Beobachtung. Anwender würden das Tool oft einsetzen, um kleine Projekte wie etwa das Planen von Veranstaltungen schnell und pragmatisch im kleinen Team zu koordinieren.

Mitarbeiter müssen Informations-Management lernen

Michael Kleist, Novell: "Wir beobachten die Consumerization von Informationen."
Michael Kleist, Novell: "Wir beobachten die Consumerization von Informationen."
Foto: Novell

Das Beispiel zeigt, wie sich die Palette der Tools auffächert, mit denen Mitarbeiter heute Informationen austauschen können. "Wir beobachten die Consumerization von Informationen", umschrieb Michael Kleist, Managing Director bei Novell Central Europa, die Entwicklung. Neue Plattformen stellen jedem Benutzer Inhalte in unbegrenztem Umfang zur Verfügung und machen den Konsum besser verdaulich. "Der Arbeitsplatz der Zukunft umfasst auch die E-Mail, weil dort immer noch viele wichtige und strukturierte Daten vorliegen", betonte Kleist.

Die Entwicklung zum Social Business muss mit einem Lernprozess der Anwender einhergehen. Er muss darauf achten, die relevanten Inhaltsströme zu beobachten, die richtigen virtuellen Treffpunkte aufzusuchen, mit den für ihn wichtigen Personen Kontakt zu halten und unbedeutende Informationen zu ignorieren. Im Unternehmenskontext bedeutet das etwa, dass "das Informieren nicht mehr ausschließlich eine Bringschuld des Managements ist, sondern auch ein Holschuld der Mitarbeiter", fasste Christoph Witte, Kommunikationsberater und Gastgeber der Diskussionsrunde, zusammen.

Social Business ist mehr als ECM

Über die Möglichkeiten des klassischen Enterprise Content Managements (ECM) geht das Social Business dabei hinaus, weil es ausgefeiltere Such- und Analysefunktionen bietet und Zusammenhänge zwischen den Inhalten darstellen möchte. Das ist in vieler Hinsicht noch Zukunftsmusik, steht aber wohl auf der Agenda der Hersteller. IBM möchte dazu etwa die künstliche Intelligenz ihres "Watsons"-Projekt ausschöpfen.

Axel Oppermann, Experton Group: "Die Nutzung von Social Business wird selbstverständlich."
Axel Oppermann, Experton Group: "Die Nutzung von Social Business wird selbstverständlich."
Foto: Experton Group

Microsoft setzt auf die Kombination herkömmlicher Applikationen mit Social-Business-Elementen. Alle Produkte sollen nach und nach um entsprechende Features erweitert werden, kündigte Oliver Gronau, Leiter der Office-Sparte bei Microsoft Deutschland, an. "In fünf Jahren wird Social Busines in allen Unternehmen angekommen sein", zeigte er sich zuversichtlich. Noch optimistischer schätzt Experton-Analyst Oppermann die Entwicklung ein: Schon in zwei Jahre würden viele Funktionen, über die man heute noch diskutiere, so selbstverständlich angewendet, dass "auch kleinen Handwerkbetriebe in die Nutzung einsteigen." (cw)

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