Führen lernen im Mittelstand

KMUs ticken anders – und ihre Mitarbeiter und Manager auch

07.12.2012
Führungskräfte im Mittelstand brauchen ein anderes Profil als Manager in großen Unternehmen. Entsprechend müssen die Qualifizierungsmaßnahmen ausgerichtet sein, sagt Hubert Hölzl.
Im Mittelstand muss die Mitarbeiterführung persönlicher, individueller und situativer sein als in großen Unternehmen.
Im Mittelstand muss die Mitarbeiterführung persönlicher, individueller und situativer sein als in großen Unternehmen.
Foto: Christian Töpfer, Fotolia

Wie sollten Qualifizierungsmaßnahmen für unsere Führungskräfte konzipiert sein? Das fragen sich viele Personalverantwortliche in Mittelstand. Denn mittelständische Unternehmen "ticken" anders als Konzerne. Also brauchen ihre Führungskräfte auch ein teils anderes Profil.

Verfolgt man die aktuelle Managementdiskussion, gewinnt man den Eindruck: Nur Führungskräfte sind auf der Höhe der Zeit, die systemisch, lateral und virtuell führen. Die Realität im Mittelstand sieht anders aus. Dort wird vielfach noch nach dem handwerklichen Meisterprinzip "kommandieren, kontrollieren, korrigieren" geführt - insbesondere in den produzierenden und produktionsnahen Bereichen. Und trotzdem (oder gerade deshalb) haben die Unternehmen Erfolg.

Noch! Denn zunehmend stößt das Führen nach dem Meisterprinzip an seine Grenzen - auch weil sich viele Mittelständler zu international tätigen High-Tech-Unternehmen entwickelt haben. Dadurch wurde ihr Geschäft komplexer, und die Anforderungen an die Mitarbeiter stiegen. Statt eines - überspitzt formuliert - stupiden Erfüllens der Aufgaben und Anweisungen ist heute ein aktives Mitdenken und Sich-mitverantwortlich-Fühlen gefragt. Das spiegelt sich in der Struktur der Mitarbeiter wider. Dominierten in den Werkhallen vieler Mittelständler vor ein, zwei Jahrzehnten noch die angelernten Mitarbeiter, so findet man heute dort fast nur noch hoch qualifizierte Fachkräfte. Und in den produktionsnahen Bereichen wie Forschung & Entwicklung sowie Konstruktion? Dort arbeiten heute fast ausschließlich Mitarbeiter mit (Fach-)Hochschulschluss. Diese hoch qualifizierten Mitarbeiter stellen ebenso wie die gewandelten Aufgaben und Prozesse andere Anforderungen an die Führungskräfte, weshalb sie zunehmend ein anderes Profil als noch vor wenigen Jahren brauchen.

Anderes (Kompetenz-)Profil gefragt

Klar ist bei Führungskräften im Mittelstand: Sie müssen auch künftig eine hohe Fachexpertise haben. Keinesfalls müssen und können sie aber wie in der Vergangenheit bezogen auf alle in ihrem Bereich anfallenden Aufgaben die beste Fachkraft sein. Statt dessen lautet ihre Kernaufgabe zunehmend, ein Team von Spezialisten so zu führen, dass

- jeder seine Fähigkeiten optimal einbringt und

- ihr Bereich seine Funktion in der Organisation erfüllt.

Das ist mit einem Führungsstil nach dem Meisterprinzip "kommandieren, kontrollieren, korrigieren" allein nicht möglich - selbst wenn er in gewissen Situationen weiterhin berechtigt ist. Stattdessen müssen die Führungskräfte stärker auf die Kompetenz ihrer Mitarbeiter bauen und mit ihnen nach den jeweils bestmöglichen (Problem-)Lösungen suchen. Das heißt: Führung muss persönlicher, individueller und situativer werden, was schwieriger ist als Mitarbeiter top-down per Anweisung zu führen oder dirigieren.

Sind die Führungskräfte im Mittelstand für diese Aufgabe gerüstet? Nur zum Teil! Denn noch immer gilt: In den meisten mittelständischen Betrieben findet keine systematische Führungskräfteentwicklung statt. Vielmehr erfolgt das "Führen-lernen" noch weitgehend nach der Trial-and-Error-Methode - auch mit der Konsequenz, dass gemeinsame, bereichs- und hierarchieübergreifende Führungskultur entsteht.

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