Entlastung für Manager

Mitarbeiter mit System entwickeln

26.08.2013

Das Führungsverhalten dem Gegenüber anpassen

Paul Hersey, einer der "Erfinder" des Situativen Führens, unterscheidet bei der Fähigkeit von Mitarbeitern, Aufgaben eigenständig und -verantwortlich zu lösen, vier Performance Readiness-Levels beziehungsweise Selbstständigkeitsgrad-Stufen. Diese seien kurz skizziert.

Angenommen ein Mitarbeiter erhält eine neue Aufgabe. Dann ist in der Regel seine Fähigkeit, diese eigenständig zu lösen, noch sehr gering, denn ihm fehlen das erforderliche Wissen und die nötige Erfahrung. Also muss seine Führungskraft ihn bei der Arbeit anleiten. Sie sollte dem Mitarbeiter also detaillierte Instruktionen geben, wie und mit welchen Zielen die Aufgabe zu erfüllen ist. Zudem sollte sie sein Vorgehen und seine Leistung zeitnah überwachen.

Angenommen nun, der Mitarbeiter macht sich so unterstützt ans Werk und sammelt erste Erfahrungen beim Lösen gewisser Teilaufgaben. Dann zeigt sich beim konkreten Tun oft: Die neue Aufgabe ist schwieriger als vom Mitarbeiter zunächst gedacht. Hieraus resultiert meist eine gewisse Ernüchterung und Enttäuschung, die zu einem Nachlassen der Motivation führt. Also ist nun seitens der Führungskraft ein anderes Führungsverhalten gefragt. Sie muss den Mitarbeiter verstärkt motivieren und überzeugen. Das heißt, sie erläutert ihm Entscheidungen, erbittet Vorschläge und lobt Vorgehensweisen - selbst wenn diese nur teilweise richtig sind. Zudem trifft sie mit dem Mitarbeiter eine Vereinbarung über das Vorgehen.

Angenommen nun, der Mitarbeiter nimmt die Aufgabe weiter wahr. Dann entwickelt er allmählich ein Gespür dafür, wie er sie meistern kann. Er ist aber noch unsicher, wenn zum Beispiel unvorhergesehene Ergebnisse eintreten oder situationsbedingt ein etwas anderes Vorgehen nötig ist. Dann fühlt er sich schnell überfordert und fragt sich: Schaffe ich das allein? So schwankend wie seine Gefühle, sind dann seine Motivation und sein Engagement. Also muss die Führungskraft erneut ein anderes Führungsverhalten zeigen. Sie muss dem Mitarbeiter als Ansprechpartner und Ratgeber zur Seite stehen. Außerdem muss sie ihn ermutigen, eigenständig auch vom Standard-Vorgehen leicht abweichende Lösungswege zu entwerfen und zu beschreiten und ihm hierüber ein Feedback geben.

Ganz anders sollte das Führungs- und somit Gesprächsverhalten wiederum sein, wenn der Mitarbeiter bereits eine gewisse Routine im Lösen der Aufgabe entwickelt hat und auch nicht in Panik gerät, wenn hierbei ein etwas anderes Vorgehen praktiziert werden muss. Dann kann die Führungskraft die Aufgabe loslassen. Sie kann diese also an den Mitarbeiter delegieren, was auch zu einer Entlastung der Führungskraft führt. Weiterhin sicherstellen muss sie jedoch, dass Zielklarheit besteht. Zudem muss sie die Leistung des Mitarbeiters beobachten und überwachen - denn dies ist und bleibt eine nicht-delegierbare Führungsaufgabe.

Führungskräfte müssen sich als Lernende verstehen

Wenn Führungskräfte die jeweiligen Performance Readiness-Levels beziehungsweise Selbständigkeitsgrad-Stufen und die verschiedenen Führungsstile kennen, haben sie eine erste Orientierung, welches Führungsverhalten im Kontakt mit ihren Mitarbeitern beim Lösen einer Aufgabe angemessen ist. Doch wissen bedeutet nicht können. Deshalb sollten Führungskräfte darin geschult werden, ihr Gegenüber und die Situation richtig einzuschätzen und mit ihren Mitarbeitern angemessen, also zielführend zu kommunizieren.

Das ist auch wichtig, weil sich die Arbeitsstrukturen in den Unternehmen gewandelt haben. In den tayloristisch organisierten Betrieben der Vergangenheit hatte jeder Mitarbeiter seine definierten und in seiner Stellenbeschreibung fixierten Aufgaben und seine Führungskraft überwachte, wie kompetent und zuverlässig er diese wahrnahm. Heute hingegen müssen die Mitarbeiter zumeist in Teams weitgehend eigenständig und -verantwortlich die ihnen übertragenen Aufgaben lösen. Das erfordert nicht nur mehr Kompetenz von ihnen, auch die Rolle ihrer Führungskräfte wandelt sich hierdurch. Eine Kernaufgabe von ihnen wird es zunehmend,
- die Voraussetzungen für eine effektive Zusammenarbeit zu schaffen und diese zu moderieren und
- dafür zu sorgen, dass ihre Mitarbeiter nicht nur heute, sondern auch morgen über die erforderliche Kompetenz verfügen, um ihre Aufgaben professionell wahrzunehmen.

Das setzt ein verändertes Führungsverhalten voraus; des Weiteren ein verändertes Selbstverständnis der Führungskräfte. Sie müssen sich zunehmend selbst als Lernende verstehen.

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