Deutsches Recht unwirksam

Neuberechnung von Kündigungsfristen

04.06.2010

Praktische Bedeutung der Entscheidung

Der EuGH hat durch seine Entscheidung im Ergebnis eine neue Rechtslage geschaffen, die bereits für sich genommen von hoher Bedeutung ist. In Zukunft muss nun bei jeder Kündigung eines Arbeitnehmers, die Kündigungsfrist auch unter Einbeziehung der Beschäftigungszeiten vor dem 25. Lebensjahres berechnet werden. Personalabbaumaßnahmen können deshalb nun im Einzelfall sehr viel unflexibler bzw. teurer werden, da während des Laufs der Kündigungsfrist der gekündigte Arbeitnehmer selbstverständlich weiter bezahlt werden muss. Ein Beschäftigter, der seine Ausbildung mit 15 Jahren begonnen hat und dann in ein Arbeitsverhältnis übernommen wurde, hat nun mit 25 Jahren eine Beschäftigungszeit von 10 Jahren und somit Anspruch auf die Wahrung einer Kündigungsfrist von vier Monaten. Nach der bisherigen Rechtslage konnte er zum Zeitpunkt der Vollendung seines 25. Lebensjahres (und auch noch bis zu zwei weiteren Jahren) mit der Grundkündigungsfrist (vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats) gekündigt werden.

Rechtsanwalt Hauptvogel weist daraufhin, dass die neue Berechnung von Kündigungsfristen auch bei der Kündigung von Dienstverträgen von GmbH-Geschäftsführern Bedeutung erlangen kann. Diese sind zwar keine Arbeitnehmer und werden zumeist nicht vor dem 25. Lebensjahr bereits als Geschäftsführer tätig. Die Vorschrift des § 622 BGB wird aber auf die Berechnung der Kündigungsfrist von (nicht herrschenden) Geschäftsführern entsprechend angewandt. Außerdem kommt es oft vor, dass ein Geschäftsführer zuvor im Unternehmen als Arbeitnehmer tätig war. Eine evtl. Vorbeschäftigung als Arbeitnehmer (bzw. die Zeiten als Geschäftsführer) muss nun bei der Berechnung der Kündigungsfrist eines Geschäftsführerdienstvertrages durch die Gesellschaft auch dann berücksichtigt werden, wenn diese vor dem 25. Lebensjahr erfolgte. Für die Kündigung von (befristet angestellten) AG-Vorstände durch die Gesellschaft gilt nach überwiegender Auffassung dasselbe, falls eine ordentliche Kündigung ausnahmsweise möglich ist.

Ganz unmittelbar folgt aus der vom EuGH geschaffenen neuen Gesetzeslage auch eine Anpassungspflicht hinsichtlich der Tarifverträge, die die Regelung des § 622 BGB unverändert übernommen haben.

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