Das Urteil des Landgerichts Regensburg, nachdem die Abmahnung wegen eines angeblich fehlerhaften Facebook-Impressums rechtens war, obwohl Anzeichen für eine Massenabmahnung sprechen, hat hohe Wellen geschlagen. Nun soll gegen das Regensburger Urteil Berufung eingelegt werden.
In dem Urteil des Gerichts wird festgestellt, dass das Wiesbadener Systemhaus Lamarc gegen die Impressumspflicht verstoßen habe, weil nicht erwiesen sei, dass auf der Infoseite der Firmenpräsenz auf Facebook das vollständige Impressum abrufbar war. Für das Gericht war es nicht ausreichend, dass die Firmenangaben auf der Facebook-Präsenz zum einen weitgehend vorhanden waren, zum anderen dort unmittelbar sichtbar ein Link zur Homepage der Beklagten, die dort unmittelbar einen Link zu einem vollständigen Impressum vorhielt.
Allerdings gibt es die Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs, nach der ein Link zur Homepage und dem Impressum über zwei Verweise ausreichen, auch "Zwei-Klick-Rechtsprechung" genannt. "Nachdem wir das Urteil und die Rechtslage noch einmal geprüft haben, kommen wir zu dem Ergebnis, dass das erstinstanzliche Urteil keinen Bestand haben kann und darf", erklärt Rechtsanwalt Dr. Hajo Rauschhofer, Fachanwalt für IT-Recht aus Wiesbaden, der Lamarc vertritt.
Über 200 Abmahnungen bekannt
Ein weiteres pikantes Detail aus dem Prozess: Das abmahnende Systemhaus Revolutive Systems (vormals Binary Services) hatte nach eigenen Angaben vor Gericht die angeblichen Impressumsverstöße mit Hilfe einer Software maschinell aufgespürt. Da könnte die Vermutung nahe liegen, dass dies zum Zwecke der Abmahnungen geschehen ist und nicht, um einen fairen Wettbewerb unter Konkurrenten zu gewährleisten. Im Fall von Lamarc sah das Gericht allerdings ein tatsächliches Konkurrenzverhältnis zu Revolutive Systems: "Beide Parteien bieten Schulungen an", stellt das Gericht in der Urteilsbegründung fest.
Nach Erkenntnissen von Rechtsanwalt Niklas Plutte, der ebenfalls eine Zahl von Betroffenen vertritt, hat er mittlerweile Kenntnis von 205 Abmahnungen. Viele der Abgemahnten haben bereits einen Mahnbescheid über die Gebühren erhalten (CP berichtete).
Rauschhofer sieht durch das Regensburger Urteil Massenabmahnungen Tür und Tor geöffnet: "Führt man die Argumentation des Vordergerichts konsequent weiter, würde die softwareseitige Automatisierung der Feststellung von Impressumsverstößen zu einer Rechtsmäßigkeit von Vielfachabmahnungen führen", glaubt der Anwalt.
So gibt sich Rauschhofer optimistisch, dass das Regensburger Urteil revidiert wird: "Trotz des erstinstanzlich überraschenden und wenig erfreulichen Urteils sind wir nach wie vor zuversichtlich, dass der Rechtsfehler im Reparaturbetrieb der Berufungsinstanz korrigiert wird", erklärt der Wiesbadner Spezialist für IT-Recht. (awe)