Von der Vision zur Strategie

So setzen Sie Ihre Unternehmensvision richtig um

24.01.2020


Urs Prantl kreiert zukunftssichere ICT-Unternehmen. Seine Kunden entwickeln ambitionierte Visionen und robuste Strategien und setzen sie erfolgreich in die Realität um. Auf dem Weg in die Zukunft begleitet er sie als Mentor und erfahrener Sparringpartner. Er schreibt über Themen wie Vision und Strategie, über Leadership und digitale Transformation und über Management in inhabergeführten ICT-Unternehmen. Er ist Gründer und Geschäftsführer der KMU Mentor GmbH sowie Fachautor und Kolumnist.
Visionen und Ideen alleine reichen nicht aus, um ein Unternehmen für die Zukunft gut aufzustellen. Wir zeigen Ihnen, wie sie die Lücke bis zu einer neuen Geschäftsstrategie füllen.
Steht die neue Unternehmensvision, sollte als erstes das komplette Management davon überzeugt und mitgenommen werden.
Steht die neue Unternehmensvision, sollte als erstes das komplette Management davon überzeugt und mitgenommen werden.
Foto: Rawpixel.com - shutterstock.com

Eine klare Unternehmensstrategie mit konsequenter Umsetzung braucht es immer dann, wenn die Lücke zwischen dem Heute und dem angestrebten Morgen sehr groß ist. Diese Lücke ist immer dann sehr groß, wenn die Veränderungen außerhalb des Unternehmens sehr schnell ablaufen und fundamental sind.

Der digitale Wandel als Beispiel

Die Auswirkungen des digitalen Wandels in unserer Wirtschaftswelt bringen hauptsächlich zwei Effekte: Noch nie dagewesene Geschäftschancen einerseits, zerstörerische (sog. "disruptive") Risiken andererseits. So steigen die Nutzererwartungen der Kunden und gleichzeitig der Druck auf die "alten Unternehmen" stetig. Zudem kann beobachtet werden, dass die Digitalisierung bestehende Kostenstrukturen geradezu pulverisiert. Digitale Produkte können mit annähernd Null Grenzkosten multipliziert werden.

Auf der anderen Seite werden nicht nur die Kosten gegen Null gedrückt, sondern es entstehen gleichzeitig Ertragspotenziale, welche nahezu grenzenlos sind.Somit wird klar. Wirklich große Veränderungen können nicht bewältigt werden, indem wir tun, was wir immer schon getan haben. Wir brauchen einen "großen Wurf".Dazu müssen Vision und Strategie so aufbereitet werden, dass sie im Unternehmen einfach verbreitet und kommuniziert werden können. Zu diesem Zweck müssen Dokumente erstellt, Bilder gezeichnet und Pläne aufgestellt werden.

Ideen und Visionen machen den Anfang

Die Motive einer guten Strategie sollten allerdings weder Angst noch Panik sein. Produktiver sind Emotionen wie Freude, Neugier, Spannung, Ehrgeiz oder Stolz. Bauen Sie bei der Entwicklung Ihres strategischen Wachstumsprogramms daher im ersten Schritt auf eine positiv aufgeladene Vision. Auf ein Zukunftsbild, welches Sie und Ihre Mitarbeitenden inspiriert und motiviert.

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Damit die Vision nicht im luftleeren Raum schwebt, müssen Sie sich bei ihrer Schaffung intensiv mit der (allgemeinen) Zukunft auseinandersetzen. Dazu sollte das Management Antworten auf folgende Fragen finden:

  • Was könnte uns die Zukunft bringen?Anhand von Trends und bereits sichtbaren Entwicklungen müssen wir uns ein Bild der möglichen Zukünfte machen.

  • Welche künftigen Überraschungen können auf uns zukommen?Neben den wahrscheinlichen Vorfällen müssen uns auch die eher unwahrscheinlichen, überraschenden interessieren und wir sollten sie kennen.

  • Welche Zukunftsoptionen machen für unser Geschäft Sinn?Kennen wir die wahrscheinliche Zukunft und die möglichen Überraschungen, so können wir daraus Strategieoptionen ableiten.

  • Welche Zukunft und Ausrichtung wollen wir anstrebenIm vierten Schritt entscheiden wir uns konkret für eine Zukunftsoption, die wir auf lange Sicht erreichen wollen und schaffen darauf aufbauend die Vision unseres Unternehmens.

Für eine emotionale Darstellung der Vision hat sich deren "Verbildlichung" bewährt. Das heißt, die Vision wird als gezeichnetes Bild dargestellt. Idealerweise in der Größe eines Plakats (A0 oder noch grösser). Das Bild hängt man im Unternehmen für alle gut sichtbar an die Wand.
Für eine emotionale Darstellung der Vision hat sich deren "Verbildlichung" bewährt. Das heißt, die Vision wird als gezeichnetes Bild dargestellt. Idealerweise in der Größe eines Plakats (A0 oder noch grösser). Das Bild hängt man im Unternehmen für alle gut sichtbar an die Wand.
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Von der Vision zur Strategie

Nachdem das Zukunftsbild steht, heißt es nun, aus der Idee eine handhabbare Strategie zu entwickeln.

  • Wir leiten von der Vision die Strategie ab. Sie beantwortet nun nicht mehr die Frage nach dem "WOHIN?", sondern nach dem "WIE?".

  • Wir bestimmen die tragenden Kernkompetenzen, die während der Strategieumsetzung aufgebaut und weiterentwickelt werden müssen und definieren eine klare Marktpositionierung für unser Unternehmen.

  • Anschließend müssen Vision und Strategie operationalisiert werden. Sie müssen geplant und mit konkreten Projekten und Maßnahmen versehen werden, sie müssen geführt werden - und, sie müssen so gesteuert werden, dass sie ihre Wirkung wie gewünscht entfalten können.

Strategieplanung: Da die Vision meist fünf Jahre und mehr in der Zukunft liegt, sollten Meilensteine dazwischengeschaltet werden. Die strategischen Ziele werden strukturiert in strategische Initiativen übersetzt. Diese werden mit Projekten ausgestattet und mit Maßnahmen nach dem SMART-Prinzip hinterlegt.

Strategieprojekte: Wie bei Projekten üblich, müssen auch Strategieprojekte von einer Projektleitung geführt und aktiv nach vorne gebracht werden. Dazu braucht es Ressourcen, Zeit und Fähigkeiten. Am Ende des Tages funktionieren Strategieprojekte jedoch nicht viel anders, wie andere Projekte auch.

Erforderliche Strukturen einführen

Vision und Strategie sind nun verbildlicht und wie oben beschrieben geplant. Jedes Strategieprojekt hat eine Projektleitung und es sind genügend Ressourcen vorhanden. Ist es damit getan? Sie ahnen es schon - natürlich Nein. Die Organisation und Prozesse Ihres Unternehmens müssen strategiekonform definiert und implementiert werden.

Sieht Ihre Strategie beispielsweise vor, dass sich künftig interdisziplinäre Teams um einzelne Kundengruppen kümmern, so macht eine klassische Funktionsorganisation mit Sales, Projekten, Support etc. keinen Sinn mehr. Im Gegenteil, sie wird im schlechtesten Fall die Strategieumsetzung in diesem Punkt sogar komplett zum Erliegen bringen.

Bis zu einem gewissen Grad behelfen sich Mitarbeitende bei hinderlichen Unternehmensstrukturen durch "Workarounds". Damit versuchen sie, die Regeln zu umgehen und dabei eine informelle Struktur zu schaffen. Je nachdem wie starr die Organisation und Prozesse sind, und, je nachdem, wie einengend die Führung dazu praktiziert wird, desto schwerer wird es den Mitarbeitenden jedoch fallen, sich trotzdem strategiekonform zu verändern. Sind die Widerstände zu groß, endet der gute Willen Ihrer Mitarbeitenden im Frust, in der Resignation und Demotivation und damit im Ende der Strategieumsetzung.

Ist eine neue Unternehmenskultur erforderlich?

Die Kultur Ihres Unternehmens muss zur Vision und Strategie passen - oder dazu passend gemacht werden. Strategien umzusetzen, welche der Kultur im Unternehmen widersprechen, scheitert regelmäßig am Widerstand der Menschen. Oftmals wird der Widerstand nicht einmal offen gezeigt. Nicht selten läuft er sogar unbewusst ab. Aber er ist immer tödlich für Vision und Strategie.

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Es müssen nicht alle Ihre Mitarbeitenden von Beginn an für Vision und Strategie Feuer und Flamme sein. Es sollten aber mindestens diejenigen sein, die über Einfluss verfügen. Dazu gehören mit Sicherheit alle Ihre Führungskräfte.

Die Leadership-Ebene lebt es vor

Eine wirksame Führung in das digitale Morgen kann auch eine neue Art von Führung voraussetzen. Diese neue Führung sollte Visionen aufzeigen, Hilfestellung beim Umgang mit Komplexität und hoher Unsicherheit leistet und den Mitarbeitenden ihre - oftmals berechtigten - Ängste nehmen und produktiv kanalisieren.
Die Erklärung dafür ist einfach. Unternehmen, welche erfolgreich Chancen nutzen wollen, müssen sich nach Außen auf den Erfolgsfaktor Kunde und im Inneren auf eine Kultur von Kooperation und Kreativität konzentrieren können.

Die Führungsmannschafft sollte das gewünschte Strategieverhalten kompromisslos vorleben - in allem, was sie tut. Und, vor allem, solange der beabsichtigte Wandel noch nicht so richtig Fahrt aufgenommen hat, muss sie mit "wehenden Fahnen" und mit offen gezeigter Überzeugung vorangehen.

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