Was unter den Unfallbegriff fällt

Tod durch Allergie – Unfallversicherung muss zahlen

28.03.2012
Eine allergische Reaktionsbereitschaft ist keine (mitwirkende) Krankheit und mindert Ansprüche nicht.
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Mit Urteil vom 01.03.2012 bejahte das Oberlandesgericht München die bislang offensichtlich ungeklärte Frage, ob die versehentliche bzw. unbewusste Aufnahme von Allergenen in einem Lebensmittel durch eine auf verschiedene Stoffe bekannterweise allergische Person und die dadurch ausgelöste allergische Reaktion des Körpers einen Unfall im Sinn der privaten Unfallversicherung darstellt.

Eine bestehende allergische Reaktionsbereitschaft des Körpers auf bestimmte Lebensmittelstoffe ist nach dieser Entscheidung überdies keine (mitwirkende) Krankheit und mindert deshalb die Ansprüche gegen die Versicherung nicht. Darauf verweist der Hamburger Rechtsanwalt Matthias W. Kroll, LL.M., Leiter des Fachausschusses "Finanzdienstleistungs- und Versicherungsrecht" der DASV Deutschen Anwalt- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Oberlandesgerichts (OLG) München vom 1.03.2012 zu seinem Urteil vom gleichen Tage, Az.: 14 U 2523/11.

Der Fall ist tragisch. Ein 15-jähriges, auf Nahrungsmittel allergisches, geistig behindertes Kind war am Heiligabend 2009 infolge einer allergischen Reaktion nach dem mutmaßlichen Verzehr von nusshaltiger Schokolade verstorben.

Die Mutter des Kindes, die eine private Unfallversicherung abgeschlossen hatte, bei der das Kind mitversichert war, machte später gegenüber der Versicherung einen Betrag von 27.000,-- Euro geltend, den Betrag, den die Versicherung für den Fall eines Unfalltodes den gesetzlichen Erben schuldet. Dem Vertrag lagen die allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen der Beklagten (GUB 99) sowie die "Allgemeine(n) Verbesserungen zu den GUB 99 - Euro ohne besondere Gliedertaxe" zugrunde. Die Versicherung weigerte sich zu zahlen. Sie war der Ansicht, dass die Todesursache nicht geklärt sei und im Übrigen auch kein Unfall vorliege.

Das Landgericht Memmingen hatte die Klage der Mutter auf die Versicherungssumme mit Urteil vom 19.05.2011 abgewiesen, da die von der Klägerin dargestellte hochallergische Reaktion als Todesursache jedenfalls nicht unter den Unfallbegriff falle. Ein willensgesteuerter normaler Verzehr von Vollmilchschokolade sei kein von außen auf den Körper wirkendes Ereignis. Soweit nach den Vertragsbedingungen Vergiftungen bei Kindern bis 14 Jahren infolge Einnahme fester und flüssiger Stoffe mitversichert seien, scheide auch eine analoge Anwendung dieser Bestimmung bereits deshalb aus, weil das Kind zum Todeszeitpunkt 15 Jahre alt gewesen sei.

Diese Entscheidung wurde nunmehr von einem Augsburger Senat des Oberlandesgerichts München aufgehoben, so Kroll.

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