Trusted Shops Umfrage: Abmahnungen gehören für Online-Händler zum Alltag (mit Video)

27.04.2007

Gesetzgeber macht seine Hausaufgaben nicht

Kritik erntet schließlich der Gesetzgeber selbst, der durch unklare Regelungen und wenig Informationen über neue Gesetze aus Sicht der Händler erheblich zu dem Problem beiträgt: "Für den normalen Kaufmann, der ehrlich seinen Geschäften nachgeht, sind die juristischen Spitzfindigkeiten heutzutage nicht mehr zu kalkulieren. Ein falsches Wort, und man muss zahlen. Eine gemäßigte Regulierung ist hier sinnvoller als direkt Rechtsanwälte das Geld eintreiben zu lassen."

Reaktionen auf Abmahnungen

Nur eine Minderheit der Shopbetreiber hat die Abmahnungen widerstandslos hingenommen. Lediglich 4 Prozent der Abmahnungen wurden völlig ignoriert. In den meisten Fällen wurde die Abmahnung vollständig zurückgewiesen. Aber immerhin 17 Prozent der Abmahnungen wurden aus Angst vor hohen Folgekosten akzeptiert, obwohl sich die Händler inhaltlich im Recht sahen.

Finanziell schwächere Position wird ausgenutzt

Dies zeigt, dass die Abmahnung für finanzstarke Marktteilnehmer ein besonders wirkungsvolles Instrument ist. Während große Unternehmen es sich leisten können, strittige Rechtsfragen über mehrere Instanzen klären zu lassen, nehmen kleinere Händler die Abmahnung oft wegen des Prozesskostenrisikos hin, obwohl sie sich im Recht fühlen: "Lt. Aussage meines Anwaltes hätte ich vor Gericht wahrscheinlich gewonnen - aber das Prozesskostenrisiko war zu hoch."

Angesichts uneinheitlicher Rechtsprechung wird das Risiko auch als wenig kalkulierbar empfunden: "Abmahnungen sind ein gutes legales Mittel um finanzschwache Mitbewerber auszuschalten. Da es keine eindeutige Rechtslage gibt und jeder Richter anscheinend anders entscheiden kann, kann sich ein kleiner Händler es kaum leisten, z.B. in Berufung zu gehen oder überhaupt vor Gericht."

Oft steht bei der Frage, ob ein Anwalt mit der Verteidigung beauftragt werden soll, nicht die Unterlassungserklärung, sondern das kurzfristige Einsparpotenzial im Vordergrund: "Bei Einschalten eines Anwaltes kann dieser die Kosten zwar drücken, jedoch entstehen durch diesen weitere Kosten, wodurch eine maximale Kosteneinsparung von ca. 10 Prozent veranschlagt werden kann." So verpflichten sich einige Händler mangels Rechtsberatung zur Unterlassung eines bestimmten Wettbewerbsverhaltens, ohne dass dies rechtlich erforderlich wäre. Der wirtschaftliche Handlungsspielraum wird dadurch unnötig eingeengt.

Dies zeigt z.B. der Fall des mittlerweile aufgelösten Abmahnvereins "Ehrlich währt am längsten", gegen deren Vorsitzenden und dessen Tochter nun Anklage wegen gemeinschaftlichen Betruges erhoben wurde. Immerhin 392 der über 5.000 abgemahnten Händler haben hier die verhältnismäßig geringen Abmahngebühren in Höhe von 146,16 Euro gezahlt, statt sich für mehr Geld beraten zu lassen. Gleichzeitig haben sie aber auch viel zu weit formulierte Unterlassungserklärungen unterschrieben, die bei Einschaltung eines Anwaltes hätten abgeändert werden können.

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