Statista-Umfrage

Verbraucher sehen Amazon zunehmend kritisch

Armin Weiler kümmert sich um die rechercheintensiven Geschichten rund um den ITK-Channel und um die Themen der Distribution. Zudem ist er für den Bereich PCs und Peripherie zuständig. Zu seinen Spezialgebieten zählen daher Notebooks, PCs, Smartphones, Drucker, Displays und Eingabegeräte. Bei der inoffiziellen deutschen IT-Skimeisterschaft "CP Race" ist er für die Rennleitung verantwortlich.
Amazon ist nach wie vor unangefochtener Spitzenreiter bei den Online-Shops. Eine Statista-Umfrage zeigt aber, dass die Zuneigung der Kunden bröckelt. Die Ursachen sind vielfältig.

Wer groß und breit ist, der hat mehr Angriffsfläche für Gegenwind. So geht es auch Amazon. Der Onliner steht in der Kritik von Gewerkschaften, Umweltverbänden, Verbraucherschützern und der Politik.

Manche Probleme sind hausgemacht, wie schlechte Arbeitsbedingungen oder die Vernichtung von neuwertigen Retouren. Andere Dinge sind eher durch mangelnde Kontrolle interner Inhalte oder des externen Warenangebots auf dem Marketplace zurückzuführen. So hat der E-Commerce-Riese mit gefälschten Bewertungen oder mit zweifelhaftem Warenangebot wie Neonazi-Shirts oder Plagiaten zu kämpfen.

Laut einer Umfrage von Statista im Auftrag des Schnäppchen- und Verbraucherportals Mydealz.de halten viele Verbraucher Amazon für keinen "besonders ethischen Arbeitgeber".
Laut einer Umfrage von Statista im Auftrag des Schnäppchen- und Verbraucherportals Mydealz.de halten viele Verbraucher Amazon für keinen "besonders ethischen Arbeitgeber".
Foto: Amazon

Zudem rufen die Marktmacht des Unternehmens und Steuervermeidungsmodelle Wettbewerbshüter sowie die Politik auf den Plan. Dies alles geht nicht spurlos am Image vorbei, wie nun eine aktuelle Umfrage von Statista unter 1.000 Konsumenten im Auftrag des Schnäppchen- und Verbraucherforums Mydealz.de zeigt.

Was die Stellung betrifft, ist die Meinung der Befragten gespalten: 44 Prozent finden die Marktmacht Amazons bedenklich. 41 Prozent hingegen haben keine Bedenken. 15 Prozent sind unentschieden. In den Altersgruppen von 16 bis 24 Jahren und bei den über 65-jährigen ist der Anteil der Kritiker größer als in den mittleren Altersgruppen.

Klassischer Handel profitiert

Fragt man die Skeptiker nach den Gründen, stößt man auf Befürchtungen, dass die Marktposition missbraucht wird. 71 Prozent haben Bedenken, dass andere Online-Händler unter Amazons Marktmacht leiden. 68 Prozent fürchten für sich selber Nachteile und denken, Amazon könne "die Preise so hoch ansetzen wie sie wollen", wenn der Wettbewerb fehlt. Ebenfalls 68 Prozent befürchten, dass Amazon mit zu viel Marktmacht Zulieferern die Preise diktiert. Bei dieser Frage waren Mehrfachnennungen möglich. Auf den weiteren Plätzen wird kritisiert, dass Amazon hierzulande keine Steuern zahlt (65 Prozent) sowie dass der Onliner "kein besonders ethischer Arbeitgeber" sei (63 Prozent).

Bei den Befragten, die keine Bedenken äußern, sehen die Sache naturgemäß etwas anders: So erklären 69 Prozent, für sie persönlich ergäben sich keine Nachteile. 61 Prozent glauben, dass Amazon nur aufgrund der Größe ein "gutes Preis-Leistungs-Verhältnis" anbieten könne. Für 49 Prozent zeigt die Marktmacht, dass Amazon im Vergleich zur Konkurrenz einfach einen guten Job macht.

Die Kritikpunkte führen durchaus dazu, dass Verbraucher ihr Einkaufsverhalten ändern. Neun von zehn Verbrauchern die Amazons Marktmacht als problematisch empfinden, ändern ihr Konsumverhalten. Am stärksten profitiert der klassische Einzelhandel von diesem Trend: Jeder dritte Verbraucher kauft als Reaktion auf Amazons Dominanz "prinzipiell so viel wie möglich im klassischen Handel" und "nur" jeder Sechste kauft "prinzipiell so viel wie möglich bei anderen Online-Händlern".

Allerdings sind nicht alle Skeptiker so konsequent. Viele Konsumenten, die Amazons Marktposition bedenklich finden, kaufen nur immer dann bei anderen Händlern ein, wenn sie diese als zumindest annähernd gleichwertige Alternative wahrnehmen. Der Preis ist für sie dabei entscheidender als das Angebot und die Lieferzeit. Jeder Fünfte kauft immer dann bei anderen Händlern ein, wenn der Preis ähnlich günstig ist wie bei Amazon. 14 Prozent geben anderen Händlern den Vorrang, wenn sie das gesuchte Produkt vorrätig haben. Und vier Prozent kaufen immer dann bei anderen Händlern ein, wenn sie "ähnlich schnell liefern können".

Kunden misstrauen Bewertungen

Dass große Internet-Konzerne hierzulande kaum Steuern bezahlen, stößt vielen Verbrauchern sauer auf. 68 Prozent befürworten die Einführung einer Digitalsteuer nach französischem Vorbild. Das könnte auch Amazon treffen. 65 Prozent der Befragten sind nicht damit einverstanden, dass Amazon in Deutschland keine Steuern bezahlt.

Die Statista-Umfrage beschäftigt sich auch mit einem weiteren Amazon-Problem: Nur jeder Dritte vertraut den bei Amazon abrufbaren Kundenstimmen. 66 Prozent halten sie für nicht vertrauenswürdig. Trotzdem spielen Kundenbewertungen bei acht Prozent der Konsumenten eine wesentliche Rolle bei der Kaufentscheidung. Für 27 Prozent sind die Bewertungen einer von mehreren Faktoren. 42 Prozent geben an, dass sie trotz mangelndem Vertrauen die Bewertungen lesen, um einen "ersten Eindruck" zu erhalten.

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