Fast jeder Dritte will kündigen

Wie Unternehmen Talente binden

Bettina Dobe war bis Dezember 2014 Autorin für cio.de.

Dienstwagen, Kitas, Sportkurse

Riskant kann es sein, den Mitarbeitern einen alten Hut als besondere Förderung anbieten zu wollen: den Dienstwagen. Der ist zwar nett – mehr aber auch nicht. "Höheren Managern können wir einen Dienstwagen nicht als besonderes Incentive anpreisen. Den bieten alle anderen Firmen auch an, das ist selbstverständlich", sagt Schmitz. Gleiches gelte inzwischen für Angebote wie Kitas und Sportkurse. Sie sind mittlerweile bei großen Firmen fast schon Standard.

Vor lieblosen Weiterbildungsmaßnahmen, die an den Bedürfnissen der Arbeitnehmer vorbei gehen, warnt Rebetzky: "Weiterbildungsmöglichkeiten wie etwa Englischkurse gibt es in jedem Unternehmen." Er rät dagegen zu individuellen Inhalten: "Ich finde es viel wichtiger, dass sich meine Mitarbeiter inhaltlich weiterbilden können." So schicken viele Chefs ihre Talente zu den Young Talent Award der CIO Sitftung und der Otto Beisheim School of Management (WHU). Dem Sieger bekommt ein Stipendium im berufsbegleitenden MBA Programm der WHU in Düsseldorf, Auslandsaufenthalte inklusive.

Zur Förderung von Mitarbeitern gehört es Rebetzky zufolge auch, den nächsten Karriereschritt attraktiv zu gestalten. "Biete ich verschiedene Stellen, etwa Junior und Senior System Engineer an, ist das für Mitarbeiter ein Anreiz", sagt er. "Damit sind auch bestimmte Rechte und Privilegien verknüpft: Der Senior System Engineer darf dann einmal im Jahr auf eine mehrtägige Konferenz in die USA fliegen, verbunden mit einer Dienstreise zu einem Tochterunternehmen." Dieser Anreiz in Verbindung mit dem Senioritätsstatus sei für alle eine win-win-Situation. Denn die Firma bekomme einen Mitarbeiter mit mehr Wissen und der Kollege sei zufriedener.

Selbstbestimmtes Arbeiten

Viele Menschen arbeiten lieber selbstbestimmt als ständig unterdrückt zu werden.
Viele Menschen arbeiten lieber selbstbestimmt als ständig unterdrückt zu werden.
Foto: El Gaucho - Fotolia.com

Work-Life-Balance scheinen noch nicht alle Unternehmen als wichtigen Mitarbeiterbindungs-Aspekt einzustufen. Ein Viertel der von Rundstedt Befragten gab an, dass ihrem Arbeitgeber das Thema egal sei. Für Rebetzky unverständlich: "Für Mitarbeiter ist die Flexibilität in der Arbeitszeit sehr wichtig." Dazu gehöre auch die Eigenverantwortung im doppelten Sinne: Einerseits wollen Mitarbeiter ihren Tagesablauf und ihren Arbeitsort ein wenig mehr kontrollieren. "Solche Themen wie Home Office sind wichtig: Die Kollegen müssen nur wissen, dass man erreichbar ist. Aber wo der Kollege ist, sollte egal sein", sagt Rebetzky.

Besonders wichtig für die Mitarbeiterbindung ist die Möglichkeit für Teammitglieder, selbst gestalten zu können, weiß KfW-Mann Schmitz: Nichts frustriere mehr, als stets detaillierte Anweisungen zu bekommen und Listen abzuarbeiten. "Wenn Mitarbeiter einen eigenen Beitrag leisten können, dann motiviert das." Dem kann Rebetzky nur zustimmen: "Ich denke, es erzeugt Bindung, wenn man nicht bloß Sachbearbeiter Nummer 23 ist, sondern Senior Consultant für den Procurement Process."

Feedback-Kultur

Mitarbeiter bleiben lieber und länger bei einem Unternehmen, wenn sie sich ernst genommen fühlen in ihren Nöten, Sorgen und in ihren Vorschlägen. "Wer einen gewissen Status erreicht hat, der wird auch dazu eingeladen, mit dem Chef über die Strategie in seinem Bereich zu sprechen", sagt Rebetzky. So zeigt ein Chef, dass er auf die Meinung seiner Mitarbeiter Wert legt.

Eine Informationskultur sollte aber auch in umgekehrter Richtung offen sein. "Wenn der Vorstand etwas beschließt, dann wird das auch den Mitarbeitern mitgeteilt. Nur so haben alle das Gefühl, dass sie am großen Ganzen mitarbeiten", sagt Schmitz.

Zeit für Ausnahmetalente

Hat ein Entscheider ein besonders talentierten Mitarbeiter rekrutieren können, kommt jede Menge Arbeit auf ihn zu: "Die Big Talents brauchen mehr Aufmerksamkeit", sagt Rebetzky. "Wenn man erkennt, dass jemand enorm viel Potenzial hat und ihn nicht verlieren möchte, dann sollte ich mir überlegen, ihn an meine Person zu binden", sagt Rebetzky. "Mit diesem Mitarbeiter sollte man einmal öfter einen Kaffee trinken gehen oder zum Mittagessen. Das ist anstrengend, aber es ist eines der effizientesten Mittel." Persönliche Bindung an Talente braucht besonderen Einsatz: "Das kann man auch mit besonderen Ereignissen, etwa Konferenzbesuchen oder bei Projekten verbinden", sagt Rebetzky. "Man nimmt den Mitarbeiter mit und verbringt automatisch mehr Zeit mit ihm."

Autorin: Bettina Dobe

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