Sievers-Group Manager Martin Welling

"Wir möchten nicht nur die erste, sondern auch die einzige Anlaufstelle unserer Kunden sein"

Regina Böckle durchforstet den Markt nach Themen, die für Systemhäuser und Service Provider relevant sind - oder es werden könnten - und entwickelt dazu passende Event-Formate.
Die Sievers-Group will auch weiterhin organisch wachsen. Wie das gelingt, und wo die Stolpersteine liegen, erläutert Geschäftsleitungsmitglied Martin Welling im Interview.

In den vergangenen Jahren haben Sie bei der Sievers-Group grundlegend neue Strukturen geschaffen, deren Fundament bereits mit der Gründung der "Division Managed Service" im Jahr 2016 gelegt wurde. Wo haben Sie die weiteren Schritte angesetzt?

Martin Welling: Wir haben uns nach verschiedenen Veränderungsschritten in der Vergangenheit auf ein Business Unit-Konzept festgelegt, um so eine inhaltliche Fokussierung und fachlichen Tiefgang zu erreichen. Dabei setzen wir ganz klar auf drei Geschäftsfelder: Hersteller, Service-Provider und Projektdienstleister. Durch diese drei Geschäftsfelder sind wir breiter und robuster im Markt und für die Zukunft aufgestellt.

Martin Welling, Mitglied der Geschäftsleitung der Sievers-Group
Martin Welling, Mitglied der Geschäftsleitung der Sievers-Group
Foto: Sievers-Group

Das ist interessant, viele andere Systemhäuser bringen vor allem ihr Service Provider-Geschäft voran, damit sie sich vom Modell "Zeit gegen Geld" entfernen. Ist das bei Ihnen anders?

Welling: Ja, das ist richtig. Wir konnten unser Service Provider-Geschäft in den letzten Jahren zwar erheblich ausbauen und werden das Thema auch künftig kontinuierlich vorantreiben.
Allerdings haben wir zeitgleich festgestellt, dass wir ebenso das Projektgeschäft benötigen, um unser umfangreiches Service- und Produkt-Portfolio besser erklären und platzieren zu können. Als holistischer, zuverlässiger IT-Dienstleister möchten wir nicht nur die erste, sondern auch die einzige Anlaufstelle für jegliche IT-Fragen und -Anliegen unserer Kunden sein.
Die Eigenentwicklung unserer hilfreichen Software-Module verschafft uns ein zusätzliches Alleinstellungsmerkmal, durch das wir ebenso einen dedizierten Partnerkanal aufbauen konnten.

Welche Fallstricke gab es auf dem Weg in die neue Struktur bzw. innerhalb der Geschäftsmodelle?

Welling: So einige! Wir mussten auf dem Weg zur neuen Organisationsstruktur vertraute Hierarchien einebnen und neue, fachbezogene Teams bilden. Das ist immer kein ganz leichter Weg.
Mittlerweile ist uns aber eine gute Struktur gelungen, die in den nächsten Jahren noch deutlich wachsen kann. Für unsere drei Geschäftsfelder ist es wichtig, die passenden Mitarbeitenden zu finden. In allen drei Modellen braucht es ganz unterschiedliche Charaktere mit fachbezogener Erfahrung.

Wie ist es Ihnen gelungen die Mitarbeiter auf diesem Weg mitzunehmen?

Welling: Ein solcher Change-Prozess verursacht immer eine gewisse Unruhe im Unternehmen. Durch viele unterschiedliche und offene Austauschformate sowie transparente Erklärungen unserer Vision bis runter auf Einzelgesprächsebene konnten wir so gut wie alle Bedenken zerstreuen.

Wie haben Ihre Kunden reagiert?

Welling: Durchweg positiv. Neben dem fachlichen Tiefgang, den unseren Kunden jetzt noch deutlicher wahrnehmen, bieten wir unseren Kunden mit unserem zentralen Service Desk und unserem Key Account Management eine noch individuellere und reibungslosere Betreuung.

Gab es auch Kunden, von denen Sie sich im Zuge dieses Wandels bewusst getrennt haben? Wenn ja: was waren die entscheidenden Gründe?

Welling: Nein, im Gegenteil. Wir konnten in allen drei Geschäftsmodellen Kunden dazugewinnen und wachsen. Nur so konnten wir in den letzten Jahren kontinuierlich jährlich um 10 bis 15% im Umsatz und hinsichtlich der Mitarbeitenden-Anzahl wachsen.

Was hat Sie bei diesem umfassenden Strukturwandel der Sievers-Group am meisten begeistert?

Welling: Die Menschen! Ich bin immer wieder begeistert, welche Energie eine solche Veränderung bei den Mitarbeitenden freisetzt - sowohl bei neuen als auch langjährigen Kolleg:innen. Nur durch diese Energie und die daraus resultierenden Ideen konnte die Sievers-Group dort ankommen, wo sie heute steht.

Was war am anstrengendsten und kräftezehrend?

Welling: Auch wir müssen uns dem hart umkämpften IT-Personalmarkt stellen und verlieren dadurch Mitarbeitende. Es bewegt mich immer, wenn jemand die Sievers-Group-Familie verlässt und wir den Weg nicht mehr gemeinsam weitergehen können.

Welche Strategie verfolgt die Sievers-Group in den kommenden Jahren?

Welling: Wie bereits oben beschrieben, werden wir in den nächsten Jahren unsere Geschäftsfelder und unsere Business Unit-Strategie weiter vorantreiben und ausbauen. Wir sehen hier noch deutliches Potenzial, um weiter zu wachsen und unseren Kunden noch besser zu betreuen.

Seit rund drei Jahren vergeht fast keine Woche ohne eine Fusion oder Übernahme im IT-Dienstleistermarkt. Wie sehen Ihre Planungen aus: Inwiefern erwägen Sie auch Zukäufe oder den Zusammenschluss mit anderen Partnern?

Welling: Sag niemals nie. Unsere Strategie sieht allerdings - wie auch in den letzten 34 Jahren - vor, dass wir auch weiterhin 100% inhabergeführt werden und organisch wachsen. Eine Fusion oder ein Zusammenschluss sind daher nicht geplant.
Stattdessen wollen wir auch künftig intensiv in Ausbildungen - heute haben wir über 40 Auszubildende unter unseren 350 Mitarbeitenden - investieren und weiterhin über Abschlussarbeiten und Trainee-Programme unsere eigenen Talente heranwachsen lassen. So bin ich selbst vor 16 Jahren ins Unternehmen gekommen - und geblieben.

In der Supply Chain und in der Zusammenarbeit mit Lieferanten gibt es immer wieder einmal Herausforderungen. Mit welchen Herausforderungen haben Sie aktuell am meisten zu kämpfen?

Welling: Eine unserer Herausforderungen ist sicherlich die Lieferfähigkeit von einigen Hardware-Komponenten. Hier treffen wir teilweise immer noch auf Lieferzeiten von mehr als einem Jahr.
Das ist auch unseren Kunden schwer zu erklären und ich persönlich verstehe es auch nicht mehr.
Auf der anderen Seite müssen wir uns auch immer wieder Qualitätsproblemen einzelner Softwarelieferanten stellen. Hier ist leider auch die letzten Jahre eine deutliche Tendenz nach unten zu spüren.

Was wäre Ihre Empfehlung, um diese Herausforderungen zu lösen?

Welling: Ein intensiver Austausch mit den Herstellern. Auch wenn die Zusammenarbeit mit IT-Konzernen den ein oder anderen zermürben kann, so darf man doch nicht die "Flinte ins Korn" werfen, sondern muss dranbleiben.

Was wird sich Ihrer persönlichen Einschätzung nach im gesamten IT-Markt in den nächsten Jahren am stärksten verändern?

Welling: Das ist einfach zu beantworten: Das Thema "Künstliche Intelligenz" - inklusive Technologien wie ChatGPT oder Microsoft 365 Copilot - wird unsere Branche, und auch die unserer Kunden, intensiv und nachhaltig verändern. Ich denke, hier stehen wir noch ganz am Anfang und können noch Großes erwarten.

Zur Startseite