IAMCP re:sharp 2024 in München

„Zuerst müssen wir den Keller trocken legen“

Ronald Wiltscheck widmet sich bei ChannelPartner schwerpunktmäßig den Themen Software, KI, Security und IoT. Außerdem treibt er das Event-Geschäft bei IDG voran. Er hat Physik an der Technischen Universität München studiert und am Max-Planck-Institut für Biochemie promoviert. Im Internet ist er bereits seit 1989 unterwegs.
Bereits zum zweiten Mal hat IAMCP, der Verband der deutschen Microsoft-Partner, nach München eingeladen, um sich zu Jahresbeginn mit den Channel-Verantwortlichen bei Microsoft und auch untereinander auszutauschen.

Zum deutschen Hauptsitz von Microsoft, nach München, in die Parkstadt Schwabing, reisten am 1. Februar 2024 fast 130 Mitarbeiter der über 360 Partnerunternehmen aus dem IAMCP-Verband. Nach einer kurzen aber sehr launigen Begrüßung durch die IAMCP-Bord-Member Christoph Twiehaus und Thiemo Laubach ging es gleich ans Eingemachte. Denn es stand von vorneherein fest, worum es an diesem Tag gehen sollte, nämlich um die Anwendungsmöglichkeiten der Mitte Januar 2024 von Microsoft freigegeben KI-Software "Copilot".

Hierzu kamen auch gleich mehrere Microsoft-Mitarbeite persönlich zu Wort. Celine Garbi Joergens, Hybrid Secured Work Business Lead Germany bei Microsoft, erzählte etwa, dass sie den Microsoft "Copilot" bereits sehr intensiv nutzt und sich dadurch täglich ein bis zwei Stunden an Routineaufgaben einsparen kann. Doch so ohne Weiteres verrichtet der "Copilot" nicht seine Arbeit. Dazu braucht es zuerst einiges an Übung. Denn bevor der Copilot wirklich das tut, was der User sich von ihm verspricht, muss der Anwender zuerst das richtige "prompten" lernen, also die "richtigen" Fragen und Aufgaben dem Copilot zu stellen. Und im Hintergrund muss natürlich die KI (Künstliche Intelligenz) fortlaufend mit den für sie relevanten Informationen "gefüttert" werden; das können Inhalte von E-Mails, aber auch unstrukturierte Dokumente und Datenbankeinträge sein.

Und der richtige Umgang mit dem Microsoft Copilot will eben erlernt sein: Kristina Petrušic, Senior Director Business Applications Lead bei Microsoft Deutschland, verriet auf der IAMCP-Veranstaltung Anfang Februar in München, dass tagtäglich sich mehr als eine Stunde intensiv mit dem Microsoft "Copilot" beschäftigt.

Welche Erfahrungen erste Partner bereits mit der Microsoftschen KI-Software gesammelt haben, wurde da auch verraten. Auf die Bühne kam ein versierter Kenner des Copilot, Daniel Rohregger, Solution Architect beim IAMCP-Mitglied und Microsoft-Partner Skaylink. In einem äußerst kurzweiligen Vortrag stellte der Experte die Vorzüge, aber auch die Fallstricke bei der Nutzung der KI von Microsoft vor. Das wissbegierige Publikum lauschte Rohregers Ausführungen gespannt zu, denn er testet den Copilot schon seit über drei Monaten - also weit vor der dessen finalen Freigabe am 16. Januar 2024.

Erste Kunden konnte sein Unternehmen Skaylink als Interessenten für den Microsoft Copilot bereits gewinnen, etwa einen großen Automobilzulieferer mit mehr als 3.000 Microsoft 365-Lizenzen. Sollte sich dieses Unternehmen für ein Abonnement des Copilot entschließen, wäre das für Skaylink zweifellos ein großer Deal. Kleinere Kunden konnte dieses IAMCP-Mitglied bereits von den Vorzügen des Copilot überzeugen. Da half auch Microsofts Entscheidung, die Mindestabnahme von 300 Einzelplatzlizenzen fallen zu lassen.

In der anschließenden Diskussionsrunde mit Microsofts Channel-Verantwortlichen Oliver Gürtler und Edith Wittmann ging es dann ans Eingemachte: Beide Manager plädierten dafür, dass möglichst viele ihrer Partner den Copilot selbst einsetzen, damit sie dessen Wert erkennen und danach die KI-Software erfolgreich bei Kunden integrieren können. Es ging um die sogenannte "Channel Readiness", also die Bereitschaft der Partner, sich mit neuen Technologien und Geschäftsmöglichkeiten auseinander zu setzen.

Auf die Frage nach einer Testumgebung für den Copilot antwortete Edith, dass natürlich die Möglichkeit bestehe, die Software 30 Tage lang kostenlos zu testen. Vorher müssten aber bei vielen Kunden erst die Voraussetzungen für den Einsatz der KI geschaffen werden: "Zuerst müssen wir den Keller trocken legen", sagte Wittmann.

Vor der Einführung des Copilot sollte aber immer zuerst der Betriebsrat des Kunden ins Boot geholt werden, dämpfte IAMCP-Mitglied Thiemo Laubach ein wenig die KI-Begeisterung. Oliver Gürtler wiederum plädierte für den Einsatz des Copiloten in Teams-Meetings. Die von der KI erstellten Zusammenfassungen der digitalen Zusammenkünfte würden sich demnach als sehr hilfreich erweisen, vor allem für Mitarbeiter, die aus Zeitgründen an diesen Teams-Meetings nicht persönlich teilnehmen konnten.

Die in München anwesenden IAMCP-Partner bestätigten ChannelPartner gegenüber, dass diese Diskussionsrunde mit den Channel-Verantwortlichen von Microsoft viel konstruktiver verlief als noch vor einem Jahr: "viel konstruktiver als im letzten Jahr", "mehr Substanz als 2023", "endlich verstehen sie unsere Sorgen" - waren einige der Aussagen.

Wie es mit dem Copilot und anderen Neuentwicklungen bei dem Softwarekonzern weiter geht, das erläuterten im Anschluss die Microsoft-Manager Christian Becker (Techology Lead Germany Global Partner Solutions), Raik Herrmann (Data & GenAI Lead, Analytics Advisor und Solution Architect) und Jens Grabow (Senior Partner Technology Strategist). Dermaßen von den technologischen Möglichkeiten "geflasht" ging es für die IAMCP-Partner unmittelbar zum wohlverdienten Mittagessen.

Um das "Suppenkomma" erst gar nicht aufkommen zu lassen, setzte IAMCP am frühen Nachmittag interaktive Sessions mit weiteren Channel-Verantwortlichen von Microsoft an. Alle 25 Minuten galt es, den Raum zu wechseln, um sich nicht nur mit dem Copilot zu befassen, sondern auch mit Security und dem Cloud-Marktplatz für ISVs (Independent Software Vendors, unabhängige Softwarehäuser und App-Entwickler).

Nach der anschließenden Pause, die natürlich zum ausgiebigen Netzwerken und Erfahrungsaustausch genutzt wurde, stand eine weitere Diskussionsrunde an - diese Mal mit Yvonne Kamarinos, die als Head of Channel SMC für das Partnergeschäft mit den kleineren und mittelständischen Kunden (small & medium customers, SMC) zuständig ist. Sie bemängelte unter anderem, dass Microsoft-Partner nur eine bis zwei Copilot-Lizenzen für den Eigengebrauch erwerben: "Das ist ausbaufähig". Hier verwies Thimo Laubach wiederum auf Daniel Rohregger, den KI-Experten von Skaylink. So schlecht ist es um die Channel-Readiness im IAMCP-Ökosystem also doch nicht bestellt.

Meinung des Redakteurs:

In den vergangenen fünf Jahren hat Microsoft sein unmittelbares Engagement für seinen eigenen Channel deutlich heruntergefahren. Es gibt keine weltweite, und auch keine deutsche, Partnerkonferenz. Die Neuigkeiten für den Channel werden im Rahmen der Technikkonferenz "Ignite" oder der Kundenveranstaltung "Inspire" verkündet. Umso erfreulicher, dass hier der IAMCP eingesprungen ist und passend zu "Inspire" (wahrscheinlich im Juli 2024) eine eigene - für alle deutsche Partner offene - Channel-Konferenz veranstaltet. Hinzu kommen die jährlichen "re:sharp"-Treffen, die re:think-Reihe, diverse Business Circles und Best Practice Days sowie zahlreiche Online-Seminare. 2023 hat der IAMCP 150 Event durchgefürt, und 90 neuen Partner gewonnen. Mit fast 400 Mitgliedern ist der IAMCP mittlerweile größer und diverser als die Synaxon-Systemhauskooperation iTeam.

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