Rechtsmissbräuchliche Abmahnung

"Aberwitzig falsch und dreist" - Gericht redet Tacheles

10.10.2008

Auch wir halten diesen Geschehensablauf für eher unwahrscheinlich …

Es geht jedoch noch weiter. Aus dem Urteil: "Es spricht einiges dafür, dass die Eile des Verfügungsklägers und seines Prozessbevollmächtigten in der sicherlich nicht unberechtigten Sorge ihre Ursache hat, dass andere Personen, die sich mit rechtsmissbräuchlichen Massen- oder Serienabmahnungen zusätzliche Einkünfte verschaffen, mit einer Abmahnung zuvorkommen könnten. Eine finanzielle Beteiligung des Verfügungsklägers an den von seinem Prozessbevollmächtigten eingetriebenen Gebühren wäre als Motiv für das Vorgehen des Verfügungsklägers mehr als gut denkbar."

Doch damit nicht genug: Das Gericht zieht die Daumenschrauben noch weiter an, wenn es auf die Frage der geltend gemachten Abmahngebühren zu sprechen kommt.

100.000 Euro Streitwert = Betrug?

Der Abmahnanwalt hatte die Abmahnkosten nach einem überhöhten Gegenstandswert von 100.000,00 Euro (!) berechnet. Ein solcher Wert ist nach der zutreffenden Ansicht des Gerichts nicht einmal ansatzweise gerechtfertigt. Was nun folgt, ist eine wünschenswerte Formulierung im Urteil, die wir gerne öfter hören würden:

"Wenn in dem Abmahnschreiben vom 21.02.2008 dann auch noch die Rede davon ist, dass es sich um einen "für Fälle dieser Art geringen Streitwert" handelt, ist eine solche Aussage nicht nur aberwitzig falsch, sondern geradezu dreist. Sie grenzt jedenfalls an einen strafbaren Betrug und an eine ebenso strafbare Gebührenüberhebung (§ 352 StGB) und dürfte die Grenze der Straflosigkeit bereits überschritten haben. Die Annahme eines derart überhöhten Wertes kann einzig und allein mit dem Interesse an der Erzielung möglichst hoher Gebühren erklärt werden; andere Gründe sind weder vom Verfügungskläger vorgetragen worden noch sonst ersichtlich."

Im Weiteren führt das Gericht aus, dass die Antragsschrift wohl eher Textbausteine enthält und sich der Abmahner bewusst ein kleines, wirtschaftlich eher unbedeutendes Unternehmen ausgesucht hat, wodurch das Risiko des Verfügungsklägers minimiert wird, dass sich der Gegner zur Wehr setzt, was bei einem wirtschaftlich potenten Gegenspieler sicherlich eher zu erwarten wäre als bei einem Kleinunternehmen.

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