Wegen zu häufiger Retouren

Amazon sperrt angeblich Kundenkonten

31.07.2013

Anwalt: Sperrung darf nicht unverhältnismäßig sein

Ausnahmefälle: Amazon greift wegen einer "Überschreitung der haushaltsüblichen Anzahl an Retouren" durch.
Ausnahmefälle: Amazon greift wegen einer "Überschreitung der haushaltsüblichen Anzahl an Retouren" durch.
Foto: Amazon

Eine differenzierte Sichtweise zu der Sperrung von Kundenkonten nimmt der auf IT-Recht spezialisierte Rechtsanwalt Christian Solmecke ein: "Auch beim Online-Shopping gilt der Grundsatz der Privatautonomie. Das bedeutet, Amazon darf selbst entscheiden, mit welchen Kunden Verträge abgeschlossen werden sollen und mit welchen nicht."

Auf der anderen Seite gelte aber grundsätzlich der gesetzlich verankerte Verbraucherschutz, insbesondere das gesetzliche Widerrufsrecht. Danach dürften online gekaufte Artikel grundsätzlich innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt der Ware ohne Begründung zurückgeschickt werden. "Kunden, die von diesem Recht Gebrauch machen, darf nicht ohne weiteres das Konto gesperrt werden, selbst wenn sie übermäßig viele Artikel zurückschicken. Dies hätte sonst eine Aushöhlung des gesetzlichen Widerrufsrechts zur Folge", so Solmecke. So könnten Kunden aus Sorge vor Sperrung des Accounts von der Rücksendung von Artikeln abgehalten werden, obwohl ihnen dieses Recht gesetzlich zustehe.

Privatautonomie, Widerrufsrecht, Rückgaberecht

Zugunsten von Amazon wertet der IT-Recht-Spezialist, dass Amazon auch über das gesetzliche Widerrufsrecht hinaus seinen Kunden freiwillig ein weitergehendes Rückgaberecht einräumt. So dürfen Artikel im Rahmen der sogenannten Rücksendegarantie innerhalb von 30 Tagen zurückgesendet werden. Auch für Artikel, die nach den gesetzlichen Vorschriften nicht dem Widerrufsrecht unterfallen – wie z.B. eBooks – bietet Amazon eine Rücknahme an.

"Bei Rücksendungen aufgrund dieser freiwillig gewährten Rückgabegarantie kann die rechtliche Bewertung anders ausfallen. Hier überwiegt der Grundsatz der Privatautonomie. Amazon darf also entscheiden, wem diese weitergehenden Rechte eingeräumt werden und darf Kunden, die hiervon übermäßig Gebrauch machen, das Konto sperren", so Solmecke. Eine Kontosperrung müsse jedoch für den Kunden vorhersehbar sein. Da die Amazon AGB keine Regelungen hierzu enthielten, sei zumindest eine Vorwarnung des Kunden erforderlich. Andernfalls könne der Kunde gar nicht wissen, wann er die Grenze der tolerierten Anzahl an Rücksendungen überschreite. Eine Sperrung des Kontos wäre dann unverhältnismäßig.

Verschärft stellt sich für Solmecke die Frage nach der Verhältnismäßigkeit, da das Amazon-Konto an weitere Dienste, wie z.B. den Kindle-Shop oder die Amazon Cloud gebunden sei. Diese Dienste wären bei Sperrung des Kundenkontos ebenfalls nicht mehr nutzbar.

"Auch das wäre unverhältnismäßig und würde die Rechte des Kunden übermäßig einschränken. Besonders gravierend wäre insbesondere, dass der Kunde auf wichtige Daten in der Amazon Cloud nicht mehr zugreifen könnte", so der Kölner Rechtsanwalt. "Die Sperrung des Kundenkontos darf sich daher nicht auch auf weitere Amazon-Dienste erstrecken. Betroffene können sich mit den vorstehenden Argumenten an Amazon wenden und eine Reaktivierung des gesperrten Kontos verlangen." (mh)

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