Der Sales Funnel

Bei Online Sales auf den Trichter kommen

Michael Klinkers ist CEO der nexum AG. Er studierte Betriebswirtschaftslehre und promovierte am Marketing-Lehrstuhl der Universität Düsseldorf. Er bekleidete diverse Führungspositionen bei der Pixelpark AG. 2005 gründete er gemeinsam mit seinen Kollegen ein Corporate Start-up innerhalb der Pironet NDH AG das 2007 zur nexum AG wurde.
Interessenten zu kaufenden Kunden zu machen, ist das Ziel eines Sales Funnels. Wie der Ablauf funktioniert erfahren Sie Schritt für Schritt in diesem Beitrag.
 
  • Definition eines Sales Funnels
  • Die Phasen eines Sales Funnels
  • Einen Sales Funnel erstellen

Abends 19 Uhr 30. Es regnet. Triefend nass Zuhause angekommen. Schnell umziehen und auf der Couch erstmal Facebook checken. Eine Anzeige ploppt auf: Wasserdichte Jacken aus Naturfaser! Klick auf den Shop, 98 Prozent positive Bewertungen. Schnell, die passende Größe gewählt sowie Adress- und Bezahldaten hinterlegt.

Wenn es doch nur so einfach wäre: Interesse, Angebot, Kauf.
Wenn es doch nur so einfach wäre: Interesse, Angebot, Kauf.
Foto: Andrey_Popov - shutterstock.com

Sales Funnel - Definition

Marketer lieben Beispiele wie diese, bei denen der Online-Kaufprozess nach der idealtypischen Verkaufsformel aus Awareness, Consideration und Contraction verläuft. Damit jedoch aus Interessenten Käufer werden, müssen in jeder Phase des Kaufprozesses andere Kommunikationsschwerpunkte gesetzt werden. Ziel ist es stets, die Bedürfnisse der Käufer punktgenau und optimal zu befriedigen. Im Zeitverlauf findet eine Selektion der Interessenten statt. Als Verkäufer geht es zunächst darum. möglichst viele potenzielle Kunden für ein Produkt zu begeistern.

Die Anzahl der Interessenten mit hoher Kaufbereitschaft, und schlussendlich die der zahlenden Käufer, ist jedoch am Ende des Trichters wesentlich geringer. Aus der Perspektive des Verkäufers mutet die Käuferreise (Customer Journey) daher bildlich wie ein Trichter an. Die Form des Trichters dient denn auch als Namensgeber und unter dem Begriff Sales Funnel (deutsch Verkaufstrichter) werden die verschiedenen Phasen des Verkaufsprozesses in ihrer quantitativen und qualitativen Dimension zusammengefasst.

Was ist das Ziel des Sales Funnel?

Der Sales Funnel umfasst in der vereinfachten Version drei Phasen. Daneben gibt es eine Vielzahl von Varianten, in denen die Segmentierung noch granularer gefasst wird und bis zu neun oder mehr Phasen zur Anwendung kommen. Das Ziel ist immer identisch: aus möglichst vielen Interessenten möglichst viele Kunden zu generieren. Ein durchdachter Sales Funnel mit optimierten Touchpoints führt jedoch nicht nur zu mehr Umsatz, er ist auch ein permanenter Indikator für Schwachstellen im Verkaufsprozess.

So ist denkbar, dass der Anbieter der Regenjacke zwar sehr viele Zugriffe auf seinen Shop generiert (Consideration-Phase), weil er beispielsweise auf eine wetterabhängige Adword-Kampagne (Awareness-Phase) setzt, er aber dennoch nur wenige Kaufabschlüsse (Consideration-Phase) zum Beispiel aufgrund fehlender oder zu komplizierter Zahlungsprozesse erzielt. Der Trichter und die Segmentierung der einzelnen Verkaufsphasen erleichtert die Schwachstellen-Diagnose und Fehlerbehebung.

Der Ablauf eines Sales Funnels

Phase 1

Der obere Teil des Trichters und damit die erste Phase des Conversion Funnels wird als Awareness-Stufe (Aufmerksamkeit) bezeichnet. Am ersten Touchpoint zwischen Verkäufer und Interessenten stehen nicht das Produkt und sein Nutzen im Vordergrund. Vielmehr geht es darum, das Bedürfnis des Nutzers zu wecken, indem er relevante Informationen rund um das Thema erhält und so Vertrauen gewinnt. Im digitalen Kontext kann dies über unterschiedliche Kanäle und Content-Formate in sozialen Netzwerken wie Facebook und Pinterest oder beispielsweise Adwords bei Google-Suchanzeigen passieren.

Mit Blick auf das Regenjacken-Beispiel kann dies zum Beispiel ein Video auf Instagram sein, in dem der Herstellungsprozess der neuen Naturfaser gezeigt wird oder ein Blogbeitrag eines Influencers, der über nachhaltige Mode schreibt. Die Maßnahmen der ersten Phase haben zum Ziel, die Marken- und Produktbekanntheit in der relevanten Zielgruppe zu steigern und das Interesse des Käufers zu wecken.

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Neben der Definition von Zielgruppen, Plattformen und Maßnahmen ist zur Beurteilung der Effektivität der Marketingmaßnahmen auch die Definition der Ziele und ihrer KPIs relevant. Hierzu ist beispielsweise das Tracking folgender KPIs empfehlenswert:

  • Impressions

  • Video-Views

  • SEO-Rankings

Phase 2

Ist das Interesse geweckt, erwartet der potenzielle Käufer weiterführende Informationen zum Produkt. Unser Modehersteller muss jetzt Antworten auf die Fragen geben: wo kommt die Naturfaser zur Anwendung, welche Produkte gibt es, wie haltbar sind diese, was kosten sie, warum sind sie für mich genau richtig usw.?

In dieser Phase des Funnels geht es darum, Nutzer mit einem wirklichen Interesse zu identifizieren und somit die Anzahl, den Durchmesser des Trichters, weiter zu verringern. In der Consideration-Phase (Abwägung) kommen Kontaktmöglichkeiten zum Einsatz, die den Interessenten - abhängig von Produkt oder Dienstleistung - informieren und überzeugen sollen. Dies können Landingpages mit weiterführenden Produktinformationen, Anzeigen mit Produktfotos oder Newsletter sein. Als relevante KPIs fungieren entsprechend Klicks, Downloads oder Anmeldungen.

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Phase 3

Der Verbraucher ist nun idealer Weise vom Nutzen des Produkts überzeugt, jetzt braucht es nicht mehr viel und er wird den Kaufprozess erfolgreich abschließen und vom Interessenten zum Kunden werden. Diese Phase des Sales Funnels wird Conversion (Umwandlung) genannt. Doch dieser letzte Anschubser hat es in sich und geht nicht selten in die falsche Richtung: Im Durchschnitt verlassen nach einer Studie des Baynard Instituts knapp 70 Prozent aller Besucher mit Artikeln im Warenkorb den Conversion-Funnel - ohne zu kaufen.

Die Gründe dafür, dass die letzte Hürde des Kaufprozesses nicht genommen wird, sind vielfältig: Kundenkonto-Zwang, Extrakosten wie Versandgebühren oder fehlende bzw. komplizierte Zahlungsmethoden. Fehler, die sich oftmals leicht vermeiden lassen und unmittelbar zu einer höheren Conversion-Rate führen. Daneben können in dieser Phase beispielsweise Rabatt- oder Gutscheinaktionen die Online-Käufe erhöhen. In dieser dritten Phase des Sales Funnels werden aus Leads Kunden oder mit dem Trichter-Bild gesprochen: Am Ende des Prozesses fallen einige der Interessenten als zahlende Kundschaft aus dem Sales Funnel.

Einen Sales Funnel erstellen - so geht's

Bei der Erstellung eines Sales Funnels müssen für jede der drei Phasen die Zielgruppen, Ziele und passenden Maßnahmen definiert und mit passenden KPIs zur Messung des Erfolgs hinterlegt werden. Ein Kommunikationsziel der ersten Phase (Awareness) kann beispielsweise sein, die Marken- und Produktbekanntheit zu steigern. Der Erstkontakt mit der Marke kann über Kampagnen auf Social-Media-Plattformen oder Content- und Influencer-Marketing erfolgen. Gemessen wird der Erfolg anhand geeigneter KPIs wie Klicks, Views und so weiter. Auch die weiteren Phasen werden nach diesem Schema geplant.

Doch mit der Fertigstellung des Sales Funnels und dem Rollout der Maßnahmen ist die Arbeit nicht getan. Einerseits muss das Verhalten der Interessenten und Käufer permanent getrackt und analysiert werden, andererseits können sich Rahmenbedingungen ändern. Gesellschaftliche Ereignisse (zum Beispiel Corona-Pandemie), neue Werbeformate (zum Beispiel Social-Media-Channels wie Tiktok) oder Zahlungsmodalitäten (zum Beispiel Paypal) beeinflussen das Verhalten der Konsumenten und erfordern eine stetige Nachjustierung des Sales Funnels. Nur die kontinuierliche Überwachung der Kennzahlen und die fortlaufende Optimierung des Sales Funnels tragen dazu bei, dass der Trichter mit Leads gut gefüllt ist und am Ende ausreichend qualifizierte Kunden herauskommen. (bw)

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