Steuerhinterziehung

Die strafbefreiende Selbstanzeige



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Ausblick

Mit einer Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige ist nicht zu rechnen. Zu stark ist das Fiskalinteresse des Staates an den Einnahmen, die ihm durch Selbstanzeigen zufließen. Eine Erhöhung des Strafzuschlagssatzes von bisher 5 % bei einem Hinterziehungsbetrag über 50.000 Euro mag politisch opportun sein, nötig ist sie nicht.

Eine generelle Erhöhung der Strafverfolgungsverjährung bei "einfacher" Steuerhinterziehung von fünf auf zehn Jahre wird von der Politik ins Spiel gebracht. Zehn Jahre gelten sonst nur bei schwerer Steuerhinterziehung. Damit würde einfache Steuerhinterziehung erheblich schwerer bestraft als alle anderen Straftaten, die nach § 78 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre bedroht sind. Für den einfachen Steuerhinterzieher würden dann doppelt so lange Verjährungsfristen gelten, wie für den einfachen Betrüger.

Kontrollmeldeverfahren

Die klassischen Steuerfluchtstaaten der Deutschen, nämlich die einfach zu bereisenden Nachbarstaaten, in denen man deutsch spricht, werden dem politischen Druck der EU nachgeben und ein Kontrollmeldeverfahren einführen. Dann werden Österreich, Luxemburg, gefolgt von Liechtenstein und wenig später wohl auch die Schweiz, dem Wohnsitzstaat (hier: Deutschland) Daten der deutschen Kontoinhaber übermitteln. Um an den hinterziehenden deutschen Durchschnittsbürger zu gelangen, muss der Fiskus dann nicht mehr viel tun, nur noch abwarten und Mitteilungen auswerten. Für diese Bürger ist keine Verschärfung der Gesetze nötig.

Gegenüber den Inhabern sehr großer Kapitalvermögen, die ihr Kapital über verschachtelte Beteiligungen in diversen Überseestaaten investiert haben, nützt eine Strafverschärfung nichts, um an die Steuereinnahmen zu gelangen. Wer wird sich schon selbst anzeigen, wenn man ihm die Straffreiheit nimmt? Welchem Zweck dient eine Strafverschärfung, wenn sie weder zu höheren Steuereinnahmen führt noch einen Missstand bei der Strafzumessung im Strafrecht beseitigt? Ist dies nur populistischer Wellness-Aktionismus von Politikern, die von der Materie recht wenig verstehen?

Die praktische Erfahrung zeigt: Der große Anstieg von Selbstanzeigen in letzter Zeit ist nicht auf verschärfte Gesetze zurückzuführen, sondern auf die Angst vor Entdeckung, weil die benachbarten klassischen Steuerfluchtländer bald transparent werden.

Hinterzieher von Kapitalerträgen im Visier

Mit dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz zielte der Gesetzgeber auf Hinterzieher von Kapitalerträgen. Bei der Gesetzesformulierung schoss man weit über das Ziel hinaus und traf ungewollt andere Bereiche des Steuerrechts. Dadurch werden Hunderttausende anständiger Bürger zu Unrecht kriminalisiert. Das Gesetz verlangt von der Finanzverwaltung etwas, was diese nicht leisten kann. Der Staat sollte "die Kirche im Dorf lassen" und nicht weiter "mit Kanonen auf Spatzen schießen". Eine Korrektur der Vorschriften zur strafbefreienden Selbstanzeige ist dringend geboten.

Weitere Infos: Steuerberater Klaus A. Schleweit ist Steuerberater und Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V.
Kontakt: Götter, Schleweit & Partner, Bärenstr. 1, 89522 Heidenheim, Tel.: 07321 9375-0, E-Mail: info@gsp-tax.de, Internet: www.gsp-tax.de

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