Schwarzgeldbekämpfungsgesetz vom 3. Mai 2011
Der Gesetzgeber reagierte mit dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz vom 3. Mai 2011: Die Teilselbstanzeige wurde abgeschafft. Nur wenn zu der betreffenden Steuerart (z.B. Einkommensteuer) in allen noch nicht verjährten Jahren (bis zu zehn Jahre zurück!) alle Besteuerungsgrundlagen vollständig nacherklärt worden sind, tritt die Strafbefreiung ein. Wer nur einen Teil nacherklärt, dem wird theoretisch keine Strafbefreiung gewährt. Praktisch muss natürlich die Finanzverwaltung bzw. die Staatsanwaltschaft von den übrigen nicht erklärten Einkünften wissen, um die Straffreiheit zu versagen.
Die Nachteile in der Praxis
Die Nachteile der Abschaffung der Teilselbstanzeige zeigen sich besonders bei den Anmeldesteuern, vorrangig bei den Umsatzsteuervoranmeldungen. Bei einer Umsatzsteuervoranmeldung verlangt das Gesetz, dass jeder Umsatz exakt im zutreffenden Monat erklärt wird. Wird auch nur einen Monat zu früh oder zu spät erklärt, so ist die Steuer des korrekten Monats verkürzt; dabei spielt es keine Rolle, dass in einem anderen Monat zu viel erklärt wurde.
In der Praxis wird man bei fast jedem Unternehmen einen oder mehrere Fälle finden, wo gegen dieses Prinzip verstoßen wurde. Die Gründe sind vielfältig und erklären sich durch normale Betriebsabläufe. Nur ein Beispiel von vielen sei angeführt: Es ist einem Handwerksbetrieb fast immer unmöglich, alle fertigen Leistungen sofort abzurechnen. Das kann an fehlenden Eingangsrechnungen, an Streitigkeiten mit dem Auftraggeber über den Preis oder die mängelfreie Fertigstellung, Arbeitsengpässen, Krankheit und anderem liegen. Ohne Rechnungsstellung kann kein Umsatz präzise deklariert werden, denn der Buchhalter kann ohne Rechnung keinen Umsatz verbuchen.
Falls der Unternehmer für einen Monat seine bereits abgegebene Umsatzsteuervoranmeldung korrigieren will, so würde das Finanzamt häufig einen anderen Sachverhalt finden können, bei dem die Umsatzsteuervoranmeldung ebenfalls falsch war.
Umsatzsteuerprüfung bei jeder berichtigten Umsatzsteueranmeldung?
Es würde aber die personellen Kapazitäten der Finanzverwaltung weit übersteigen, wenn diese bei jeder berichtigten Umsatzsteuervoranmeldung prüfen würden, ob noch andere Fehler vorhanden sind und ob diese Fehler auf grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz beruhen und somit eine Steuerhinterziehung darstellen. Das Finanzamt müsste in jedem Fall einer berichtigten Umsatzsteuervoranmeldung eine Umsatzsteuerprüfung ansetzen. Dazu müssten sehr viele neue Finanzbeamte eingestellt werden. In der Praxis verweigert die Finanzverwaltung den ordnungsgemäßen Gesetzesvollzug und versucht, auf pragmatische Weise die bedeutenderen Steuerfälle herauszufiltern.
Es ist zu hinterfragen, ob eine gesetzliche Regelung verfassungsgemäß ist, die nicht einheitlich und gleichmäßig bei allen Bürgern vollzogen werden kann, weil der Staat nicht die notwendigen Ressourcen bereitstellt. Im Klartext: Der Gesetzgeber verlangt von Verwaltung und Bürgern etwas, was nicht geleistet werden kann. Noch übler ist, dass der Staat seine Finanzbeamten damit bedroht, sie wegen Strafvereitelung im Amt zu verfolgen, wenn sie im Besteuerungsverfahren fortfahren, ohne ein Steuerstrafverfahren einzuleiten. Die dadurch verursachte starke Verunsicherung der Finanzverwaltung lähmt deren Effizienz und muss beseitigt werden.
Wenn im Fall Hoeneß die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt hätte, dann wäre die Rüge eines uneinheitlichen Gesetzesvollzugs möglicherweise bis vor das Bundesverfassungsgericht getragen worden. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der unzureichende, uneinheitliche Gesetzesvollzug von Strafrichtern wahrgenommen und das Bundesverfassungsgericht angerufen wird.
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