Viele Streitpunkte

Handelsvertreter – am Rande des Knebelvertrags

13.03.2013

Was sind "erhebliche Vorteile"?

Fraglich ist z.B., was eigentlich "erhebliche Vorteile" sind. Der Ausgleichsanspruch entsteht mit Vertragsende. Die Dauerhaftigkeit einer neuen Geschäftsverbindung kann sich aber auch erst im Laufe der nächsten Jahre herausstellen, sodass im Wege einer Prognose beurteilt werden muss, ob diese Anspruchsvoraussetzung überhaupt vorliegt. An erheblichen Vorteilen kann es fehlen, wenn der Unternehmer aus wirtschaftlichen Gründen die vom Vertreter an sich geworbenen Neukunden nach dessen Ausscheiden nicht weiter beliefert, weil er beispielsweise sein Sortiment geändert hat, sein Verkaufsgebiet aufgegeben hat oder aber den Betrieb insgesamt stillgelegt hat. Die Neuwerbung muss sich jedenfalls als dauerhaft erweisen, sodass dann auch der Tatbestand der erheblichen Vorteile gegeben sein dürfte.

Was der Billigkeit entspricht und was nicht, ist fast immer streitig. Unter diesem Tatbestandsmerkmal findet man häufig Entscheidungen zum Grund der Vertragsbeendigung, also die Frage, wer die Beendigung des Vertrages zu vertreten hat, Vertragsverletzungen, einen besonderen Werbeaufwand des Unternehmers oder aber eine besonders hohe Bekanntheit eines Produkts. Hier kommt es regelmäßig zu einer Bewertung der Umstände im Einzelfall. Eine pauschale Darstellung ist nicht möglich.

Weiter zu beachten ist, dass § 89 b Abs. 2 HGB eine Obergrenze vorsieht, nämlich die einer Jahresprovision nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Hat der Vertrag nicht mindestens fünf Jahre gedauert, so ist der Durchschnitt der gesamten Tätigkeitszeit maßgebend.

Grundsätzlich entsteht dieser Anspruch mit der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses und ist somit fällig.

Zu berücksichtigen bleibt, dass er gemäß § 89 b Abs. 4 Satz 2 HGB innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend gemacht werden muss. Er kann nicht im Voraus ausgeschlossen werden, vgl. § 89 b Abs. 4 Satz 1 HGB. Zwar wird häufig versucht, einen solchen Ausschluss vertraglich zu fixieren. Selbst wenn dies erfolgt, so wäre es jedoch unwirksam, da der Anspruch vor Vertragsbeendigung weder vertraglich ausgeschlossen noch zu Ungunsten des Vertreter inhaltlich eingeschränkt werden kann.

Zur Startseite