Arbeitsrechtliche Entscheidungen

Kommentierte Rechtsprechung, Teil 5

19.10.2012

Facebook

Urteil 2: Private Äußerungen bei Facebook über den Kunden des ArbeitgebersGericht: Bayerischer VGH, Beschluss vom 29.02.2012, 12 C 12.264

Leitsatz:

Diffamierende oder ehrverletzende Äußerungen in vertraulichen Gesprächen - sei es unter Arbeitskollegen oder Freunden - vermögen eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit auch die Annahme eines "besonderen Falles" im Sinne von § 9 Abs. 3 Satz 1 MuSchG nicht ohne Weiteres zu rechtfertigen.

Bedeutung für die Praxis:

Die Arbeitnehmerin war für einen Sicherheitsdienst bei einem Mobilfunkunternehmen als Sicherheitskraft eingestellt. Noch während der Probezeit schrieb sie auf ihrem Facebook-Account über diesen Mobilfunkanbieter: "Boah kotzen die mich an (…), da sperren sie einfach das Handy, obwohl (…) man schon bezahlt hat … und dann behaupten die es wären keine Zahlungen da. Solche Penner … Naja ab nächsten Monat habe ich einen neuen Anbieter …"

Der schwangeren Arbeitnehmerin wurde mit Zustimmung der für den Mutterschutz zuständigen Behörde außerordentlich gekündigt. Hiergegen wehrt sich die Klägerin.

Der VGH stellte klar, dass der "besondere Fall" des § 9 Abs. 3 Satz 1 MuSchG nicht mit dem "wichtigen Grund" des § 626 BGB gleichzusetzen ist. Ein solcher Fall könne nur "ausnahmsweise" dann angenommen werden, wenn außergewöhnliche Umstände das Zurücktreten der vom Gesetz als vorrangig angesehenen Interessen der Schwangeren hinter die - noch gewichtigeren - Interessen des Arbeitgebers rechtfertigen. Ein solcher Fall liege hier fern, da es sich nicht um Schmähkritik handele. Die Arbeitnehmerin habe lediglich ihre privaten Interessen wahrgenommen, in dem sie ihre Unzufriedenheit mit dem Mobilfunkanbieter ausdrückte.

Außerdem sei es relevant, ob die Veröffentlichung auf Facebook im öffentlichen oder im privaten Bereich erfolge. Bei Äußerungen im privaten Gespräch liegt die Annahme eines besonderen Falles im Sinne von § 9 Abs. 3 Satz 1 MuSchG fern.

Die Frage, wann eine Äußerung bei Facebook im privaten Bereich erfolgt, beantwortete der VGH nicht. Denn auch bei einem nicht öffentlichen Posting können die Freunde des Facebook-Mitglieds (darunter auch vielfach Arbeitskollegen) die Aussagen lesen.

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