Arbeitsrechtliche Entscheidungen

Kommentierte Rechtsprechung, Teil 5

19.10.2012

Teilzeit

Urteil 3: Vergütung einer Teilzeitkraft - Diskriminierungsverbot
Gericht: BAG, Urteil vom 14.12.2011, 5 AZR 457/10

Leitsätze:

1. Eine Gleichbehandlung Teilzeitbeschäftigter bei der Vergütung entsprechend dem "pro-rata-temporis-Grundsatz" des § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG schließt eine sonstige Benachteiligung im Sinne des Satzes 1 nicht aus.

2. Droht einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer im Laufe des Vertragsverhältnisses aufgrund unterschiedlicher Vertragsgestaltung des Arbeitgebers bei Voll- und Teilzeitbeschäftigten eine schlechtere Behandlung, ist der Arbeitgeber nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG verpflichtet, den Teilzeitbeschäftigten so zu stellen, dass eine schlechtere Behandlung unterbleibt.

Bedeutung für die Praxis:

Die Parteien streiten über die Vergütungshöhe eines Musiklehrers in Teilzeit. Die Vergütung betrug anfangs 9,5/20 einer Vollzeitkraft. Da sich die Vergütung an den Wochenstunden für Vollzeitkräfte orientierte betrug die Vergütung nach einer Anhebung der Pflichtstundenzahl für Vollzeitkräfte auf 25 Wochenstunden nur noch 9,5/25 der Vergütung einer Vollzeitkraft. Der Kläger meint, er werde im Sinne von § 4 Abs. 1 TzBfG benachteiligt, weil nur Teilzeitkräfte Einkommensverluste durch die Anhebung der Wochenstunden für Vollzeitkräfte hinnehmen müssten.

Das BAG entscheid, dass trotz einer Gleichbehandlung Teilzeitbeschäftigter bei der Vergütung entsprechend § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG eine Benachteiligung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 nicht ausgeschlossen ist. Eine schlechtere Behandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG könne auch darin liegen, dass aufgrund unterschiedlicher Vertragsgestaltung der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer Nachteile erleide, die ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer nicht habe. Das sei vorliegend der Fall.

Das Verbot schlechterer Behandlung in § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG verpflichtet den Arbeitgeber, eine Benachteiligung zu unterlassen. Das BAG fordert vom Arbeitgeber, dass er Teilzeitbeschäftigte so stellt, dass eine schlechtere Behandlung unterbleibt. Dies gelte auch dann, wenn erst im Laufe des Vertragsverhältnisses einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer aufgrund unterschiedlicher Vertragsgestaltung von Voll- und Teilzeitbeschäftigten eine schlechtere Behandlung droht. Dementsprechend müsse der Beklagte dem Kläger eine Verlängerung seiner Arbeitszeit anbieten, so dass ihm seine bisherige monatliche Vergütung erhalten bleibt. Unterlässt er dies, macht er sich nach dem BAG gegebenenfalls schadensersatzpflichtig.

Arbeitgebern ist anzuraten darauf zu achten, den teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern die Nachteile auszugleichen, die sie aufgrund ihrer Teilzeitbeschäftigung erleiden. Andernfalls kann es sein, dass sich der Arbeitgeber schadensersatzpflichtig macht. (oe)

Christoph J. Burgmer ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Medizinrecht und Wirtschaftsmediator.
Internet: www.burgmer.com

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