Sieben Jahre nach der Übernahme

Media-Saturn stellt Redcoon.de komplett ein



Matthias Hell ist Experte in Sachen E-Commerce und Retail sowie  Buchautor. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in renommierten Handelsmagazinen und E-Commerce-Blogs. Zuletzt erschien seine Buchveröffentlichung "Local Heroes 2.0 – Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel".
Im vergangenen Jahr beendete Media-Saturn die Eigenständigkeit des 2011 übernommenen Onlineshops Redcoon.de. Nun wurde der Webshop komplett eingestellt.
Auf Redcoon.de findet sich nurmehr eine Abschiedsnachricht
Auf Redcoon.de findet sich nurmehr eine Abschiedsnachricht
Foto: Redcoon.de

Den Stecker zog Media-Saturn schließlich ohne Vorwarnung: Plötzlich wurden Kunden von Redcoon.de in der vergangenen Woche mit folgender Meldung begrüßt: "Liebe Besucher, Redcoon.de ist vollständig in Mediamarkt.de integriert. Dort finden Sie weiterhin ein breites Angebot an Consumer Electronics Produkten." Um besorgte Kunden zu beruhigen, hieß es weiter: "Alle auf Redcoon.de bestellten Produkte werden ausgeliefert, wir erfüllen auch zukünftig alle Ihre Serviceansprüche, z. B. in Garantiefällen." Es folgten Kontaktdaten für entsprechende Kundenanliegen.

Einen offiziellen Kommentar dazu gab Media-Saturn dem Ingolstädter Donaukurier: "MediaMarktSaturn fokussiert sich im klassischen Onlinehandel auf den weiteren Ausbau seiner erfolgreichen Multichannel-Angebote von MediaMarkt und Saturn, die allein im letzten Geschäftsjahr ihren Umsatz um rund 40 Prozent steigern konnten. Redcoon war bereits vergangenes Jahr vollständig mit mediamarkt.de verzahnt worden, nun wurde auch die Webseite integriert."

Bei der Sprachregelung "vollständig verzahnt" setzt Media-Saturn auf Understatement: Ende April ging Redcoon.de für einige Tage ohne Vorwarnung offline und kehrte nach einem angeblichen "Shop-Umbau" als uneigenständiges zusätzliches Frontend für die Onlineshops von Media Markt und Saturn zurück. Die Geschichte von Redcoon als eigenständigem Online-Händler war damit beendet, der Großteil der Mitarbeiter wurde entlassen.

Redcoon gibt es heute nur noch in Polen
Redcoon gibt es heute nur noch in Polen
Foto: Redcoon.pl

Redcoon-Übernahme als strategische Sackgasse

Im vergangenen Jahr Frühjahr folgten weitere Negativmeldungen zu Redcoon: Der italienische Webshop wurde komplett geschlossen und es wurden Gerüchte über eine mögliche Rückabwicklung des Kaufs des Webshops laut.

Media-Saturn hatte Redcoon 2011 vom Unternehmensgründer Reiner Heckel sowie von den Minderheitsgesellschaftern Johannes Majdic (Chef des österreichischen Online-Händlers Electronic4You) und Jürgen Bartsch übernommen. Der Kaufpreis betrug 137 Millionen Euro.

Bei der Übernahme war Redcoon in zehn europäischen Länder aktiv. Danach folgte der schrittweise Rückzug: 2014 wurden die Shops Frankreich und Dänemark geschlossen, 2016 die Seiten in Spanien, Portugal, Österreich, Belgien und Holland sowie 2017 der italienische Webshop. Mit der Einstellung von Redcoon.de gibt es den Onlineshop damit nur noch in Polen.

Die Einstampfung von Redcoon steht bei Media-Saturn sowohl für ein Scheitern wie für einen Erfolg: Auf der einen Seite gelang es nicht, Redcoon in der dezentralen Konzernaufstellung als Online-Pacemaker zu etablieren - wohl auch deshalb, weil man sich für den falschen Übernahmekandidaten entschieden hat. Auf der anderen Seite gelang es Media-Saturn dennoch, rasant Online-Anteile zu erobern. Mit den Shops von Media Markt und Saturn kam das Unternehmen im zurückliegenden Geschäftsjahr auf einen Umsatz von 2,4 Milliarden Euro und damit auf einen Online-Anteil von 10,9 Prozent. Statt auf Online Pure Play setzt der Retailer dabei konsequent auf ein kanalverknüpfendes E-Commerce-Konzept. (mh)

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