Managed Services 2020

Kulturwandel im Anmarsch

Ronald Wiltscheck widmet sich bei ChannelPartner schwerpunktmäßig den Themen Software, KI, Security und IoT. Außerdem treibt er das Event-Geschäft bei IDG voran. Er hat Physik an der Technischen Universität München studiert und am Max-Planck-Institut für Biochemie promoviert. Im Internet ist er bereits seit 1989 unterwegs.

Anwender-Workshops als Verkaufsvehikel

"Wir erzählen den Fachabteilungsleitern zum Beispiel etwas über die Möglichkeiten der digitalen Zusammenarbeit", führt der Vintin-Manager aus. "Branchen-Know-how hilft da enorm, um die richtigen Themen anzusprechen." Und dann spiele es auch für den Kunden keine Rollen, woher die Anwendung genau kommt: aus der Public- oder der Private-Cloud oder immer noch aus dem eignen Rechenzentrum, meint Grunert von Axians.

Kai Kapitän plädiert hier für kurze Anwender-Workshops, in denen den Entscheidern der Kunden die passenden Lösungen präsentiert und am besten gleich verkauft werden. Workshops für Endkunden, Newsletter-Versand und Information über die Medien - was müssen Systemhäuser noch tun, um Technologien Kunden schmackhaft zu machen?

"Da müssen zum Teil neuen Leute ran", meint Carsten Grunert. "Wir bei Axians haben in diesem Jahr einige Teams neu zusammengesetzt und uns von einigen Mitarbeitern auch getrennt. Jemanden, der 30 Jahr nur Hardware verkauft hat, den kann ich kaum überzeugen, dem Kunden neuartige Services anzubieten, das ist völlig unmöglich. Hier braucht es einen radikalen Kulturwandel."

Aber führt das auch zum Systemhaussterben? "Das hat Synaxon-Chef Frank Roebers vor ein paar Jahren auch geglaubt, und musste sich nun korrigieren", erinnert sich Thomas Neumeier. "Seiner Analyse nach kam es in den vergangenen Jahren zu zahlreichen Neugründungen, die die durch Akquisitionen und Geschäftsaufgaben verlorenen Systemhäuser leicht kompensieren konnten", so der Systemhauschef aus Regensburg.

Kai Kapitän: "Systemhäuser benötigen eine starke Interessensvertretung, sie müssen sich dem Direktvertrieb einiger Hersteller entgegenstemmen.“
Kai Kapitän: "Systemhäuser benötigen eine starke Interessensvertretung, sie müssen sich dem Direktvertrieb einiger Hersteller entgegenstemmen.“

"Die Zahl der klassischen Systemhäuser hat sich aber verringert", ergänzt Kunzmann. "Die neugegründeten IT-Dienstleister haben mit dem klassischen Systemhausgeschäft wenig am Hut. Sie beschäftigen sich mit Künstlicher Intelligenz oder entwickeln Apps, sie schrauben nicht mehr Intel-Systeme zusammen", so der CEO von United Systems. "Die reinen Hardware-Reseller werden vom Markt verschwinden. Dieser Wandel hat vor 30 Jahren eingesetzt und wird sich die nächsten 30 Jahre fortsetzen."

Aus eigener Erfahrung weiß Kunzmann zu berichten, dass viele klassischen Systemhäuser, die diesen Wandel nicht mitgehen, sich in Anbetracht der aktuellen guten Geschäftslage überlegen, ihr Unternehmen zu verkaufen. "Auch weil sie keinen Nachfolger gefunden haben", ergänzt Kunzmann.

Die neue Rolle der Distribution

"Es wird aber weiterhin KMU-Systemhäuser geben, die sich wandeln können", meint Kai Kapitän und Kunzmann gibt ihm Recht: "Wenn sie die Probleme ihrer Kunden lösen können - mit den Systemen der großen Hersteller." Und bricht der Systemhauschef eine Lanze für die kleineren hoch spezialisierten Distributoren: "Wir arbeiten zum Beispiel sehr gerne mit Prianto, weil dieser VAD regelmäßig neue interessante Lösungen auf den Markt bringt, und damit können wir bei unseren Kunden punkten, so zum Beispiel mit Password Safe oder den Lösungen von SolarWinds." (Gibt es übrigens auch bei Sysob; Anm. d. Red.).

"Vor zehn Jahren kannte kaum jemand diese Spezialanbieter, heute sind sie mehrere Hundert Millionen Dollar wert", resümiert Kunzmann. "Gute Distributoren agieren heute als Business Enabler, sie werden sich weiterentwickeln und Systemhäuser in Zukunft tatkräftig unterstützen."

Ausblick 2020

Zum Ende der Diskussionsrunden baten wir die Teilnehmer noch um einen kurzen Ausblick ins Jahr 2020. "Wir sind nicht der Nabel der Welt", brachte Jakob Ringewitz die Diskutanten auf den Boden der Tatsachen zurück. "Relevant sind nur die Lösungen für unsere Kunden, sonst nichts", so krass drückt es der Vintin-Manager aus. "Und da braucht es die richtige Führung und Unternehmenskultur. Unser Wolkenmacher-Team agiert beispielsweise völlig führungslos, in anderen Abteilungen ist so etwas undenkbar. Manche Mitarbeiter wollen eben einer Führungskraft folgen, andere organisieren sich lieber selbst, und das sind die Führungskräfte von morgen", bringt es Rinkewitz auf den Punkt. "Auch die Selbstorganisierten müssen geführt werden", ergänzt Kunzmann. "Die beste Führungskraft ist diejenige, deren Mitarbeiter gar nicht mehr merken, dass sie geführt werden."

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"Wir brauchen Experten und interdisziplinär agierenden Teams, das Networking wird immer wichtiger", prophezeit Kai Kapitän. "Und die Systemhäuser benötigen eine starke Interessensvertretung, sie müssen sich dem Direktvertrieb einiger Hersteller entgegenstemmen."

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