Fragen und Rügen seitens des Bieters erlaubt

So können Sie Ausschreibungen beeinflussen

11.11.2008

Rügepflicht

Die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer als erste Stufe des vergaberechtlichen Rechtsschutzes erfolgt nur auf Antrag. Gemäß § 107 Abs. 3 GWB ist ein solcher Antrag unzulässig, wenn ein Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Nach den gesetzlichen Vorschriften ist ein Antrag außerdem unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden.

Das Gesetz fordert eine positive Kenntnis. Ein Unterlassen einer Anzeige trotz Vermutungen begründet keine Rügepflicht. In besonderen Konstellationen kann bei grob fahrlässiger Unkenntnis allerdings eine Rügepflicht des Antragstellers und Bieters bestehen. Eigene Nachforschungen muss ein Bieter nur unter engen Voraussetzungen durchführen.

Es wird nicht erwartet, dass aufgrund eines Verdachtes in Bezug auf rechtliche Wertungen eine Rüge auszusprechen ist. Die Rechtsprechung und die Vergabekammern verweisen darauf, dass eine solche Rüge das Verhältnis zur Vergabestelle belastet. Ein beanstandetes Vergabeverhalten muss in rechtlicher Hinsicht als problematisch einzustufen sein, und der Sachverhalt muss für einen Antragsteller in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht hinreichend geklärt sein. Zweifel an einer Rechtslage schließen eine positive Kenntnis aus. Es besteht seitens des Bieters bei ungewissen rechtlichen Bedenken keine Pflicht, anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Eine Grenze besteht dann, wenn sich ein Bieter mutwillig gegen die Erkenntnis eines Vergaberechtsverstoßes verschließt. Diesen Ausführungen ist zu entnehmen, dass die Grenze zwischen dem "Erkennen eines Verstoßes" und dem "Nicht-Erkennen" fließend ist. Die endgültige rechtliche Bewertung kann nur im jeweiligen Einzelfall erfolgen.

Der Gesetzgeber erwartet eine unverzügliche Rüge. Es soll damit sichergestellt werden, dass ein Auftraggeber aufgetretene Fehler noch korrigieren kann.

Soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, sind diese spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung ebenfalls zu rügen. Ungeklärt ist dabei die Frage, ob auf einen objektiven Maßstab eines durchschnittlichen Antragstellers oder auf den subjektiven Maßstab des konkreten Antragstellers abzustellen ist, um zu klären, ob ein Vergabeverstoß erkennbar war. Die Rechtsprechung ist in diesem Zusammenhang widersprüchlich.

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