„Rise with SAP“

Fallstricke beim Umstieg auf SAP S/4HANA



Seit 2021 ist Sören Genzler für die SAP Solutions bei SoftwareOne in der DACH-Region tätig. Zuvor war er acht Jahre als SAP – SystemX Alliance-Management EMEA bei IBM – später Lenovo – beschäftigt. Auch in den Bereichen Infrastruktur, Datenbankentwicklung sowie Administration kann er langjährige Kenntnisse aufweisen. Insgesamt blickt er auf über 25 Jahre Erfahrung in der IT-Branche zurück.
Mit „Rise with SAP“ verspricht der Konzern einen einfachen Umstieg auf SAP S/4HANA. Doch ein Rundum-Sorglos-Paket ist das Angebot nicht. Und in der Praxis lauern versteckte Aufwände und Kosten.
Der Umstieg auf SAP S/4HANA erfordert Spezialisten, die einen geordneten und fehlerfreien Betrieb sicherstellen und die berechtigten Interessen des Kunden im Blick haben.
Der Umstieg auf SAP S/4HANA erfordert Spezialisten, die einen geordneten und fehlerfreien Betrieb sicherstellen und die berechtigten Interessen des Kunden im Blick haben.
Foto: Jacob Lund - shutterstock.com

SAP S/4HANA macht mit der In-Memory-Datenbanktechnologie den entscheidenden Unterschied: Statt auf langsamen Festplatten oder vielleicht schon SSDs werden die Datenbanken im schnellen Arbeitsspeicher vorgehalten. Dieser Performance-Schub ermöglicht eine Datenverarbeitung nahezu in Echtzeit und völlig neue, innovative Business-Cases. Für Unternehmen stellt sich daher nicht die Frage, ob sie wechseln sollten, sondern wie.

Die meisten entscheiden sich für SAP S/4HANA in der Cloud, weil sie dadurch Aufwand sparen, flexibler sind und besser skalieren können. Grundsätzlich stehen zwei Varianten zur Wahl: "Rise with SAP" oder die Bereitstellung über die Direct Cloud eines externen Dienstleistes. Im Rahmen von "Rise with SAP" wird S/4HANA entweder in SAP-eigenen Rechenzentren oder bei einem Hyperscaler gehostet. Auch Managed Services Provider (MSP) bieten den Betrieb bei zertifizierten Hyperscalern wie Microsoft Azure, Amazon Web Services (AWS) und Google Cloud Platform (GCP) an. Darüber hinaus unterstützen sie auch mit begleitenden Dienstleistungen.

Die Ankündigungen von SAP, signifikante Innovationen nur noch in den Cloud-Produkten der SAP verfügbar zu machen, soll Unternehmen vermutlich motivieren, den Umstieg zeitnah und am besten zu den SAP-Angeboten zu machen. Namhafte Vertreter der SAP-Anwenderorganisationen haben sich dazu schon positioniert und ihre Bedenken geäußert. Es scheint ratsam, hier nicht vorschnell längerfristige Bindungen einzugehen, sondern den Verlauf der Diskussion zu beobachten. Infrastrukturtechnisch betrachtet sollte es wenig Gründe geben, warum innovative Lösungen ausgerechnet nur noch dann funktionieren sollten, wenn der Hyperscaler-Tenant SAP gehört.

"Rise with SAP": eingeschränkter Service-Umfang

Zunächst erscheint "Rise with SAP" sehr verlockend: Das Alles-aus-einer-Hand-Prinzip imponiert. Allerdings ist die Umsetzung nicht ganz so einfach. Denn der Service-Umfang bei "Rise" ist eingeschränkt. SAP betreibt bei seinem Angebot eine hohe Standardisierung, und auf Unternehmen kommen viele Zusatzaufgaben und auch Zusatzkosten zu, mit denen sie möglicherweise nicht gerechnet haben. Die Verantwortung für Sicherheit und Performance wandert zudem teilweise zum Kundenunternehmen.

Natürlich sorgt "Rise with SAP" dafür, dass das System läuft. Wichtige, systemkritische Patches werden eingespielt - aber bei den weniger wichtigen obliegt es dem Kunden, den Überblick zu behalten und den richtigen Zeitpunkt zu wählen. SAP kann und will die Performance der Systeme beim Kunden nicht überwachen.

Zwischen den SAP-Rechenzentren, den Cloud-Netzwerken und den Kundenterminals liegen diverse potenzielle Fehlerquellen: SAP kann im Falle von Problemen nicht sagen, an welcher Stelle dieser Kaskade es hakt. Hier muss der Kunde selbst aktiv werden und auf Fehlersuche gehen. SAP-Sicherheitshinweise, die sogenannten Security-Notes, enthalten Informationen zu wichtigen Maßnahmen und Patches, um die Sicherheit der Kundensysteme zu gewährleisten beziehungsweise kleinere - oder auch größere - Produktprobleme zu beheben. Doch wann sollten welche davon umgesetzt werden?

Bei "Rise" müssen Kunden auf viele Fragen selbst Antworten finden. Im Gegensatz zu den regelmäßigen Qualitäts- oder "Continuous Service Improvement"- (CSI) Meetings, die im Hosting oder bei MSP-Services Standard sind und bei denen solche Themen besprochen werden, gibt es dies für "Rise"-Umgebungen aktuell nicht. Nutzer müssen sich proaktiv Early Watch Alerts (EWA) ansehen und entscheiden, wie welche Probleme im System gelöst werden sollen.

Um all diese Schritte zu managen und das System reibungslos am Laufen zu halten, brauchen die Kunden vor allem eines: fachliches Know-how und spezialisierte Mitarbeiter, die Störfaktoren identifizieren, Sicherheitspatches evaluieren, einen geeigneten Termin fürs Aufspielen finden, die Downtime der Systeme kommunizieren und schlussendlich die Wiederaufnahme des Betriebs überwachen. Kaum ein Unternehmen hat diese Expertise im eigenen Haus. Rund um die "Rise"-Landschaft entsteht also ein eigenes Ökosystem aus Dienstleistungen und Services. Benötigt werden Spezialisten, die einen geordneten und fehlerfreien Betrieb sicherstellen und die berechtigten Interessen des Kunden im Blick haben.

Die Zusatzkosten im Blick behalten

Am Ende des Tages fällt die Entscheidung für "Rise with SAP" oder für eine Lösung mit gemanagtem Cloud-Betrieb nicht allein wegen des einfachen Wechsels, sondern auch aufgrund der Kosten. Hier sollten die IT-Verantwortlichen ehrlich mit sich selbst sein und mit spitzem Bleistift nachrechnen, welche Lösung tatsächlich passender und günstiger ist. Per se gibt es - egal für welche Variante - drei Kostenarten: Cloud Consumption, Managed Services und SAP-Lizenzkosten.

Bei "Rise with SAP" werden diese Kostenarten in einem Preis gebündelt und sind daher wenig transparent. Wer vergleichen will, muss also alle drei Komponenten berechnen (lassen) und die Summe dem SAP-Angebot gegenüberstellen. Ehrlicherweise müssen Unternehmen beim Umzug zu "Rise with SAP" aber auch noch eine vierte Kostenart erfassen, damit sie nicht Äpfel mit Birnen vergleichen: Begleitende Dienstleistungen und Services auf Kundenseite.

Die Wahl der Cloud-Plattform

Auch die Wahl des Cloud-Anbieters will gut überlegt sein - nicht nur aus Kostengründen. Betrachtet man die SAP-Landschaft isoliert, dann sind sich die Cloud-Anbieter ziemlich ähnlich und unterscheiden sich vor allem im Preis. Aber SAP-Landschaften sind nun mal alles andere als isoliert, nutzen inzwischen verstärkt auch SAP-BTP-Angebote.

Die Zahl der Drittsysteme, vor allem von denen, für die es auch Cloud-Angebote gibt, sind schier unüberschaubar. Wer fortschrittliche Anwendungen mit Big Data, künstlicher Intelligenz (KI) und Internet of Things (IoT) nutzen will, sollte also genau hinsehen. Jeder Hyperscaler hat seine Besonderheiten und ist nicht gleichermaßen für alle Anwendungsfälle geeignet. Ein MSP kann helfen, Vor- und Nachteile abzuwägen und die richtige Cloud auszuwählen.

"One Size fits all" gibt es nicht

Unternehmen müssen beim Umzug zu SAP S/4HANA eine qualifizierte Entscheidung treffen, welche Variante und welche Cloud für sie die richtige ist. Das gelingt ihnen vor allem dann, wenn sie alle Möglichkeiten kennen und mit externer fachlicher Expertise bewerten. Managed Services Provider (MSP) spielen dabei eine entscheidende Rolle - entweder, weil sie die SAP-Lösung auf einer Direct Cloud umsetzen oder weil sie mit ihrem Know-how auch bei integrierten Lösungen wie "Rise with SAP" beratend zur Seite stehen. Im Idealfall können sie sogar beides. SAP S/4HANA bietet großes Innovationspotenzial. Mit Unterstützung eines erfahrenen Partners können Unternehmen dies am besten ausschöpfen.

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