Computacenter-Manager René Stolte

"Die alte Welt führt bei Big Data in die Sackgasse"

Regina Böckle durchforstet den Markt nach Themen, die für Systemhäuser und Service Provider relevant sind - oder es werden könnten - und entwickelt dazu passende Event-Formate.
Big Data ist nach Ansicht von René Stolte, Solution Manager bei Computacenter, eine Revolution der IT über alle Technologiebereiche hinweg. Die Hürden für Anbieter, Reseller und Kunden sind deshalb gleichermaßen hoch - die Chancen für alle Beteiligten ebenso

Der Verkauf von ITK-Hard- und -Softwarelösungen, der Entwurf der Lösung und die Beratung zählen zu den Kernkompetenzen eines Systemhauses. Inwiefern unterscheiden sich die Anforderungen im Bereich Big Data und Business Analytics Ihrer Erfahrung nach vom "klassischen" Systemhausgeschäft?

René Stolte: Eine Herausforderung im Kontext von Big Data stellt das Thema Partnerschaften dar: Im "klassischen" Geschäft arbeiten wir mit etablierten Partnern zusammen. Sowohl die Partnerschaften als auch die gemeinsamen Lösungen haben sich über die Jahre hinweg entwickelt. Im Big-Data-Markt sprießen nun neue Anbieter und Lösungen aus dem Boden, die zunächst noch geprüft werden müssen.

Nach welchen Kriterien prüfen Sie diese neuen Anbieter?

Stolte: Welche Unternehmen können sich am Markt behaupten und kommen als Partner überhaupt infrage? Auf welche Lösungen kann man bauen? Welche kann man in sein Portfolio integrieren und an Kunden weiterempfehlen? Es fehlt schlichtweg an langjährigen Erfahrungen. In unserem Computacenter Test and Business LAB (TAB) erproben wir neue Lösungen und geben diese Erfahrungen an unsere Kunden weiter.

René Stolte, Solution Manager bei Computacenter: Den Fachbereichen auf Kundenseite fehlt auch die Erfahrung, was mit Big Data überhaupt alles möglich ist. Hier besteht noch großer Beratungsbedarf.
René Stolte, Solution Manager bei Computacenter: Den Fachbereichen auf Kundenseite fehlt auch die Erfahrung, was mit Big Data überhaupt alles möglich ist. Hier besteht noch großer Beratungsbedarf.
Foto: Computacenter

Und wie sieht es auf Kundenseite aus?

Stolte: Unsere Kunden sehen sich derzeit auch der Herausforderung gegenüber, dass es jede Menge neue Technologien gibt, aber sie ihr konkretes Problem nicht kennen. Den Fachbereichen fehlt auch die Erfahrung, was mit Big Data überhaupt alles möglich ist. Hier besteht noch großer Beratungsbedarf.

Was war für Sie der Anlass, in dieses Geschäft einzusteigen, und welche Strukturen mussten Sie hausintern dazu aufsetzen?

Stolte: Wir haben den IT-Markt über Jahre genau beobachtet und sehr früh gesehen, welches Potenzial das Thema Big Data hat. Big Data ist nicht nur ein weiterer Trend, sondern eine Revolution der IT über alle Technologiebereiche hinweg. Wichtig dabei ist, dass man Arbeitsplatz, Rechenzentrum, Netzwerk und Cloud-Lösungen nicht unabhängig voneinander betrachtet, sondern auf das Zusammenspiel der einzelnen Themen fokussiert.

Was ist das Besondere an diesem aufkeimenden Markt?

Stolte: Für Unternehmen bedeutet Big Data, dass sie mit den neuen Technologien Themen umsetzen können, die bisher unmöglich waren.

Könnten Sie das kurz an einem Beispiel schildern?

Stolte: Eine Krankenkasse kann mithilfe von Big Data Risikoanalysen zur Früherkennung von Krankheiten in nur wenigen Minuten erstellen und die Daten auswerten. Das sichert ihr einen großen Vorsprung gegenüber den Wettbewerbern. Dabei werden Technologien eingesetzt, die nicht nur eine Weiterentwicklung der bisherigen Business-Analytics-Lösungen sind, sondern einen grundlegenden Technologiewandel darstellen. Bei der Datenverarbeitung werden plötzlich großen Sprünge möglich. Dafür werden klassische Infrastrukturkomponenten teilweise weitergenutzt, aber in anderer Art und Weise.

Welche Folgen hat das für Systemhäuser, IT-Consultants, Reseller und Integratoren?

Stolte: Für den Einsatz der neuen Prozesse und Technologien ist ein Umdenken notwendig - sowohl für Anbieter als auch für Unternehmen. Der Technologiewandel stellt neue Anforderungen daran, wie man mit dem Thema Business Analytics umgeht. Zudem ist für Systemhäuser und Integratoren die Neustrukturierung des Partnermarktes von Bedeutung. Dazu gehören einerseits neue Partnerschaften, andererseits die gemeinsame Weiterentwicklung bestehender Kooperationen. Daraus ergeben sich natürlich auch Chancen, sich im Business-Analytics-Markt komplett neu aufzustellen.

Sind Ihrer Erfahrung nach mittelständische Unternehmen überhaupt schon bereit, die neuen Möglichkeiten der Business-Analytics-Lösungen einzusetzen? Oft hakt es ja schon an der Integration und Strukturierung von Daten.

Stolte: Von den Großunternehmen geht es jetzt weiter in Richtung gehobener Mittelstand - für den kleinen Mittelstand sind die Themen zu weit weg. Der gehobene Mittelstand fängt nach und nach mit der Realisierung von Lösungen an. Grund dafür ist unter anderem der Druck des Marktes: Um im Wettbewerb bestehen zu können, müssen sich die Unternehmen mit den Technologien auseinanderzusetzen. Wenn erste Wettbewerbsvorteile realisiert werden konnten, wird das Thema so richtig ins Rollen kommen. Damit Business-Analytics-Systeme schrittweise weiterentwickelt und die neuen Technologien eingeführt und betrieben werden können, muss zunächst das passende Know-how aufgebaut werden - auch wenn die Nutzung vorhandener Infrastrukturkomponenten möglich ist.

Welche Voraussetzungen müssen Systemhäuser mitbringen, um Kunden bei der Bewältigung dieser Herausforderungen zu helfen?

Stolte: Systemhäuser und Integratoren müssen sich auf die neuen Technologien und Möglichkeiten, die diese bieten, einlassen. Sie sollten nicht versuchen, sich mit der "alten" Welt zu arrangieren, das führt in eine Sackgasse. Im Vordergrund steht ganz klar die Bereitschaft, sich in komplett neue Themengebiete einzuarbeiten. Über kurz oder lang bleibt den CIOs auch nichts anderes übrig: Um mithalten und bestehen zu können, müssen die neuen Technologien eingesetzt werden.

Wo sehen Sie Ansätze für Lösungen, die heute schon imstande sind, Maschinendaten, Daten aus den sozialen Netzwerken und Unternehmensdaten tatsächlich so miteinander zu verknüpfen, dass sie auch auswertbar sind?

Stolte: In diesem Umfeld gibt es bereits Lösungen, unter anderem von großen Herstellern wie IBM. Aber der Markt befindet sich noch im Wachstum. Den Einstieg in Big Data stellen strukturierte Daten dar. Für Maschinendaten bedeutet dies, dass zum Beispiel eine vorausschauende Wartung möglich ist: Nutzungsdaten analysieren, wann die nächste Wartung erfolgen muss. Auch die automatische Rückmeldung über defekte Teile ist möglich. Besonders für die Qualitätssicherung ist das von großer Bedeutung.

Mit welchen Herstellern arbeiten Sie hier zusammen?

Stolte: Mit IBM, Komplettanbieter und Marktführer im Bereich Big Data, verbindet uns eine jahrelange intensive Partnerschaft. Ebenso mit SAP, nun für das Thema SAP HANA. Zudem kooperieren wir mit allen bekannten Infrastrukturanbietern mit eigenen Softwarelösungen wie HP und EMC. Aus den bestehenden Partnerschaften heraus entwickelt sich die Zusammenarbeit im Big-Data-Umfeld.

Inwiefern setzen Sie dabei auch auf Kooperationen mit anderen Partnern?

Stolte: Wir setzen auch auf Kooperationen mit spezialisierten Unternehmen wie beispielsweise Woodmark, Splunk oder CAS im HANA-Umfeld, um unseren Kunden in allen Bereichen die passende Lösung anbieten zu können.

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