NetApp Innovation 2011

NetApp schwört Channeltreue



Dr. Thomas Hafen ist freier Journalist in München. Er verfügt über langjährige Erfahrung als Redakteur in verschiedenen IT-Fachmedien, darunter NetworkWorld Germany und ChannelPartner. Seine fachlichen Schwerpunkte liegen in den Bereichen Data Center, Telekommunikation und Cloud Computing.

Interview mit Julie Parrish Vice President Global Partner Sales

"Partner sollten nicht jedem Trend folgen, sondern das machen, was sie am besten können", Julie Parrish, Vice President Global Partner Sales
"Partner sollten nicht jedem Trend folgen, sondern das machen, was sie am besten können", Julie Parrish, Vice President Global Partner Sales
Foto: NetApp

NetApp will EMC die Marktführerschaft im Storage-Umfeld streitig machen. Julie Parrish, Vice President Global Partner Sales, erklärt, welche Rolle die Channel-Partner dabei spielen.

Sie sind viel unterwegs und besuchen die Partner weltweit. Wie unterscheidet sich der Channel in Deutschland von dem in den USA oder in Asien?

Julie Parrish: Die Bedürfnisse und die Struktur unserer weltweit 4.000 Partner sind gar nicht so sehr voneinander verschieden. Alle wollen Geld verdienen und sie wollen dabei die größtmögliche Unterstützung. Natürlich gibt es gewisse regionale Besonderheiten. So ist in Deutschland der Mittelstand sehr stark. Das führt dazu, dass wir hier mehr Silver Partner haben als in anderen Ländern. Außerdem ist der Anteil des Channel-Geschäfts in Deutschland mit 85 Prozent deutlich höher als der weltweite Durchschnitt, der bei 72 Prozent liegt.

Sie hatten sich für 2010 drei Ziele gesetzt: Sie wollten die Geschäftsbeziehungen zu Service Providern und Systemintegratoren verstärken, die Partnerbetreuung effizienter machen und Marktanteile gewinnen. Haben Sie diese Ziele erreicht?

Parrish: Lassen Sie mich mit den Marktanteilen beginnen. Im vergangen Jahr hatten wir den größten Zuwachs an Marktanteilen seit Jahren. Was die Effizienzsteigerung angeht, handelt es sich mehr um eine interne Bewertung, die wir nicht kommunizieren. Ich kann nur soviel sagen, dass wir die Kosten senken konnten. Was den dritten Punkt betrifft: Dabei ging es vor allem darum, unsere Vertriebswege zu diversifizieren. Es stimmt, wir hatten nicht sehr viele Partner aus dem Bereich der Service Provider und Systemintegratoren. Unser Ansatz war hier eher opportunistisch. Wir haben das geändert und zum Beispiel Partnerschaften mit fünf global agierenden Systemintegratoren geschlossen. Erst vor kurzem haben wir eine wichtige Vereinbarung mit Accenture bekannt gegeben. Diese gilt zunächst nur für USA, aber wir hoffen, dass wir sie weltweit ausdehnen können. Was die Service Provider angeht, so gibt es mittlerweile 50 Service-Angebote auf Basis von NetApp-Infrastruktur. Sicher sind wir hier erst am Anfang, aber das Kundeninteresse ist da. Über Umsätze reden wir vielleicht im kommenden Jahr.

Im Markt gibt es Gerüchte, NetApp sei arrogant geworden und spiele Partner gegeneinander aus. Was sagen Sie zu diesen Vorwürfen?

Parrish: Ich weiß nichts davon und kann das nicht kommentieren. Es kann sein, dass in Deutschland, wo wir einen hohen Marktanteil und überdurchschnittlich viele Partner haben, Channelkonflikte etwas häufiger sind als anderswo. Wir haben auf jeden Fall nicht die Absicht, durch Massenrekrutierung von Partnern den Marktanteil hochzutreiben. Partner gegeneinander auszuspielen - das gehört nun wirklich nicht zu unserer Strategie. Wir haben ein standardisiertes und offen kommuniziertes Projektregistrierungsverfahren, das nach klaren Kriterien dafür sorgt, dass die Partner den richtigen Preis bekommen.

Netapps erklärtes Ziel ist es, EMC die Marktführerschaft im Storage und Datenmanagement streitig zu machen. Noch ist der Marktanteil von EMC bei Networked Storage fast doppelt so hoch wie der von NetApp. Wie wollen Sie diese Lücke schließen?

Parrish: In Deutschland haben wir das bereits geschafft. NetApp ist einfach der bessere Geschäftspartner für den Channel. Wir arbeiten seit über zehn Jahren verlässlich mit unseren Partner zusammen, es gab nie einen Strategiewechsel. Seit 2004 ist der Anteil des indirekten Geschäfts an der Gesamtauftragszahl um 28 Prozent gestiegen, 12 Prozent allein in den vergangenen zwei Jahren. Mir ist diese Glaubwürdigkeit sehr wichtig. Ich glaube außerdem, dass Kunden eine Lösung aus den besten Einzelkomponenten verschiedener Hersteller haben wollen - und das kann eben nur ein Channelpartner liefern. Wir haben deshalb keine Angst, über den Anteil des indirekten Geschäfts am Gesamtumsatz zu reden. Wir haben natürlich auch die besseren Produkte und eine echte einheitliche Architektur von der kleinsten bis zur größten Maschine.

Cisco ist einer ihrer engsten Partner, mit dem unter anderem Sie bei der Cloud-Architektur "FlexPod for VMware" zusammenarbeiten. Gleichzeitig kooperiert Cisco eng mit EMC und hat mit dem Hersteller und dessen Tochter VMware das Cloud-Joint-Venture VCE (Virtual Computing Environment gegründet). Wie passt das zusammen?

Parrish: Das ist kein Problem. Wenn Sie mit Partnern zusammenarbeiten, müssen Sie auch akzeptieren, dass diese wiederum andere Partner haben. Wir üben auch auf Channelpartner keinen Druck aus, wenn diese neben NetApp EMC verkaufen wollen. Wir lassen lieber den Kunden entscheiden, welche Produkte er kaufen will.

Der NetApp-Kommentar zur VCE-Allianz von EMC, Cisco und VMware klang aber ein wenig nach beleidigter Leberwurst.

Parrish: Das Statement sollte nicht defensiv klingen, sondern nur unseren Standpunkt verdeutlichen. Wir glauben, dass unserer Private-Cloud-Ansatz mit der offenen Architektur FlexPod der bessere, flexiblere und realistischere ist - der im Übrigen dem Partner sehr viel mehr Ansatzpunkte für Zusatzgeschäft bietet.

Über Cloud Computing reden wir nun seit zwei Jahren. Haben die NetApp-Partner bereits reagiert und ihre Geschäftsmodelle verändert?

Parrish: Das sehe ich kaum. Partner, die weder Hosting noch Software as Service anbieten, sind zwar verunsichert und fragen mich häufig, was sie tun sollen. Aber nur sehr wenige steigen wirklich ins Cloud-Geschäft ein. Ich würde sie dabei auch nicht bestärken. Ich bin überzeugt davon, dass die überleben werden, die das machen, was sie am besten können, statt auf jeden Trend aufzuspringen. Ich glaube nicht dass traditionelle Integratoren und Lösungsanbieter vom Markt verschwinden werden. Ich rede ja auch mit Hostern wie Rackspace und Terremark und sie sehen in der Tat eine steigende Nachfrage. Bei ihnen, den Telekommunikationsunternehmen und den Service Providern werden wir die meisten Aktivitäten sehen, zumindest, wenn wir von öffentlichen Clouds sprechen.

Aber werden diese Anbieter dem traditionellen Systemhaus nicht das Geschäft wegnehmen?

Parrish: Ich glaube das nicht. Es handelt sich zumindest zum Teil um zusätzlichen Umsatz. Ich glaube auch nicht, dass wir keine klassischen Systemhäuser mehr brauchen werden. Die Hoster und Service Provider haben weder die Kundenkontakte noch das nötige Fachwissen, um Projekte wie Rechenzentrumskonsolidierung oder Storage on Demand verkaufen und umsetzen zu können. Im schlimmsten Fall gehen viele Projekte an die Cloud-Provider - die Vermittlung und Integration wird immer noch ein VAR durchführen. Ich ermutige deshalb unsere Partner, den Trend zwar nicht zu ignorieren, aber sich auch nicht vorschnell auf Geschäftsmodelle einzulassen, die nicht nachhaltig sind. (haf)

Zur Startseite