Es kann jeden treffen

Pflegefall in der Familie – wie geht’s weiter im Beruf?

05.03.2010

Flexibilität von allen Beteiligten ist gefragt

Für Entlastung sorgt auch eine breite Palette von Teilzeitmodellen. Insgesamt 70 Varianten hiervon gibt es zum Beispiel bei Schwäbisch Hall. "Etwa ein Drittel unserer 3000 Mitarbeiter arbeitet Teilzeit", berichtet Jürgen Ley. Darunter sind auch zahlreiche Beschäftigte, die Angehörige pflegen oder betreuen. Genaue Zahlen hat Ley nicht - auch weil oft unklar ist, wann liegt ein Pflegefall vor oder wann nicht. Ley erläutert dies an einem Beispiel: Die Eltern eines Schwäbisch-Hall-Mitarbeiters wohnen im 40 Kilometer entfernten Heilbronn. Haus und Garten können sie nicht mehr pflegen, bei Großeinkäufen und Arztbesuchen brauchen sie Hilfe. Also muss der Mitarbeiter mehr-mals pro Woche nach Heilbronn fahren. Ein Pflege- oder Betreuungsfall im klassischen Sinne ist das nicht - aber eine hohe zeitliche Belastung.

Gerade weil die Pflege so vielgestaltig ist, sieht Christiane Flüter-Hoffmann vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) das Pflegezeitgesetz eher kritisch. "Es ist für die Unternehmen und deren Mitarbeiter gleichermaßen unbefriedigend", betont die Personalpolitik-Expertin. Für die Beschäftigten, weil es ihnen eigentlich nur die Möglichkeit eröffnet, ganz zuhause zu bleiben. Dies kann sich aber manch Arbeitnehmer finanziell nicht leisten. "Außerdem führen lange unbezahlte Job-Auszeiten oft zu einem Kompetenzverlust und mindern den Wert der Arbeitskraft", betont Flüter-Hoffmann. Und für die Arbeitgeber stellt sich bei längeren Auszeiten oft die Frage: Woher sollen wir in der Übergangszeit eine qualifizierte Ersatzkraft nehmen? Diese Frage ist insbesondere bei den Mitarbeitern brisant, die in den Unternehmen Schlüsselpositionen innehaben. Als Beispiel nennt Christiane Flüter-Hoffmann hoch qualifizierte Spezialisten, "von denen die Firmen oft nur ein, zwei auf der Payroll haben." Ihre Empfehlung: "Partnerschaftlich nach einer für beide Seiten akzeptablen Lösung zu suchen, ist zielführender als auf einen Rechtsanspruch zu pochen."

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