Shop versus Marktplatz

Warum Händler auf einen eigenen Online-Shop setzen sollten

Alexander Denninghaus ist Team Lead Business Development bei der Agentur DEPT. Seit über acht Jahren ist er im E-Commerce und Online Marketing tätig und bringt außerdem mehrjährige Erfahrung aus dem Print-Journalismus mit. Denninghaus setzt seinen Fokus auf die Themen technische Innovationen und die Zukunft des E-Commerce.
Marktplätze zählen im E-Commerce aktuell zu den dominierenden Plattformen. Besonders Händler sehen in ihnen ein großes Potenzial. Dennoch sollten sie auf den eigenen Onlineshop nicht verzichten.

Jeder kennt es: Sucht man nach einem bestimmten Produkt, führt der erste Weg in der Regel zu Amazon & Co. - und schon ist das nächste Marktplatzprodukt bestellt. So geht es in Deutschland vielen Menschen, die sich online über Produkte informieren wollen. Der wachsende Umsatz im E-Commerce ist zu einem großen Teil auch auf die stark wachsenden Marktplätze zurückzuführen. Nicht ohne Grund sind die drei umsatzstärksten Shops in Deutschland Marktplätze (Amazon, Otto.de und Zalando).

Bei dieser Entwicklung könnte man schnell glauben, dass Händler auf einen eigenen Onlineshop verzichten und vollkommen auf Amazon und Co. setzen können. Es gibt aber nach wie vor wichtige Gründe, warum ein Onlineshop für Händler noch immer ein sinnvoller Absatzkanal ist.

Schaffung einer Marke

Im allgemeinen Einkaufsverhalten hat sich eine gewisse Routine eingeschlichen. Aussagen wie "Ich schaue mal bei Amazon" oder "Habe ich bei Amazon bestellt", gehören fast schon zum täglichen Sprachgebrauch. Doch wie bei jedem Marktplatz, lebt auch Amazon von den Produkten, die Händler dort anbieten. Nur die wenigsten Kunden wissen tatsächlich, bei wem sie die Produkte eingekauft haben. Am Ende bleibt Amazon in den Köpfen.

Die E-Commerce-Marktplätze leben von den Produkten, die Händler dort anbieten. Doch nur die wenigsten Kunden wissen tatsächlich, bei wem sie die Produkte gekauft haben.
Die E-Commerce-Marktplätze leben von den Produkten, die Händler dort anbieten. Doch nur die wenigsten Kunden wissen tatsächlich, bei wem sie die Produkte gekauft haben.
Foto: William Potter - shutterstock.com

Ein Onlineshop kann hier Abhilfe schaffen. Während bei Amazon die Vermittlung der eigenen Marke fast unmöglich ist, schränkt der eigene Onlineshop Händler bei der Abbildung der CI (Corporate Identity) und der Marke nicht ein. Kunden können voll in die Welt des Händlers eintauchen. Dadurch hat er die Möglichkeit, bei Käufern einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.

Stöbern statt suchen

Der Einzelhandel macht sich bereits seit Jahren berechtigterweise Sorgen, dass die Massen an Kunden in den Fußgängerzonen ausbleiben. Schuld daran ist sicherlich auch, dass der Mensch bequemer geworden ist. Oft locken Geschäfte ihre Kunden nur noch zum Stöbern und Entdecken in die Einkaufszentren und Fußgängerzonen. Der Grund dafür ist simpel - die Optik macht's. In der Regel steckt viel Arbeit und Grips hinter der richtigen Einrichtung des Ladengeschäfts, das den Kunden im besten Fall das ganze Sortiment entdecken lässt.

Geschäfte in Einkaufszentren und Fußgängerzonen dienen Kunden oft nur noch zum Stöbern und Entdecken. Ein guter Onlineshop bietet seinen Kunden diese Möglichkeiten.
Geschäfte in Einkaufszentren und Fußgängerzonen dienen Kunden oft nur noch zum Stöbern und Entdecken. Ein guter Onlineshop bietet seinen Kunden diese Möglichkeiten.
Foto: l i g h t p o e t - shutterstock.com

Onlineshops wirken hingegen oftmals lieblos und austauschbar. Es gelingt ihnen nicht, das Markenerlebnis aus dem Geschäft in den Onlineshop zu übertragen. Hier sollten die Händler nachlegen, denn dies ist eine Schwäche der Marktplätze. Während diese doch eher auf suchorientiertes Kaufen ausgerichtet sind, kann der eigene Onlineshop Kunden zum Entdecken der Ware anregen - wenn man sich genug Mühe gibt.

Ein Onlineshop verlangt eine Menge Pflege. Banner, wechselnde Angebote, stimmige Videos - dies alles sind Möglichkeiten, Kunden emotional zu binden und zum Wiederkehren zu bewegen. Onlinehändler müssen an dieser Stelle nur nachvollziehen, dass der eigene Shop die gleiche Pflege wie ein stationäres Geschäft benötigt.

Erklärungen liefern

Eines haben die meisten Marktplätze dieser Welt gemeinsam. Sie sind überladen mit Produkten - Erklärungen und weitere Infos zu den Produkten bleiben häufig auf der Strecke. Es gibt jedoch Produkte, bei denen ein eigener Onlineshop nicht nur Verkaufsplattform ist, sondern der virtuelle Laden auch als Berater fungiert. Ist sich ein Kunde bei einem Produkt nicht sicher, will er eine tiefergehende Beratung oder wenigstens eine umfangreiche Beschreibung mit ergänzenden Videos.

Lesetipp: Formulare in Online-Shops - Kundendaten richtig abfragen

Auch hier kann der Onlineshop die Lösung sein. Eigene Shopseiten für Produkte, die lediglich mit Content gefüllt sind, der dem Endkunden als Erklärung oder Impression dient, sind im eigenen Store möglich. Dank künstlicher Intelligenz gehören auch automatisierte Chatbots nicht mehr der Vergangenheit an. Will man den Kunden an die Hand nehmen, ist der eigene Shop doch deutlich persönlicher als ein Marktplatz.

Produktplatzierung selbst bestimmen

229 Millionen Produkte waren laut Angaben von Amazon im Jahr 2016 auf dem Marktplatz verfügbar. Natürlich wird ein Händler mit seinem Angebot nicht gegen alle diese Produkte konkurrieren müssen. Dennoch wird er nur in den seltensten Fällen entscheiden können, wo und an welcher Position seine Produkte angeboten werden.

Lesetipp: Goldene Regeln für Reichweite im E-Commerce

Zudem besteht die Möglichkeit, dass Händler auf ein und demselben Marktplatz gegenseitig zueinander in Konkurrenz treten. Zwar verspricht ein eigener Onlineshop nicht, dass ein Kunde dort die besten Preise erhält, doch kann der Onlineshop durch gezieltes Suchmaschinenmarketing bei potenziellen Kunden in den Fokus gerückt werden. Im Shop bestimmt dann schließlich der Händler, welche Produkte wie platziert werden und auf welche Produkte der Fokus gelegt wird.

Marge nicht unerheblich

Ein wichtiger Punkt ist auch die Marge. Selbstverständlich können die Absatzzahlen durch eine Anbindung an Marktplätze steigen und so auch der Umsatz. Dennoch sollte ein Onlinehändler nie vergessen, dass er dafür auch einen Teil seiner Einnahmen an den Marktplatzbetreiber zahlt.

Je nach Fertigungskosten kann so der Gewinn deutlich geringer ausfallen, als es über den eigenen Shop der Fall wäre. Eventuell ist es für einen Händler sogar besser, er investiert sein Budget eher in Marketing-Maßnahmen für den eigenen Shop, als einen Teil des Gewinns an Marktplätze abzutreten. Eine weitere Idee wäre, ein eigenes Affiliate-Programm aufzubauen und so über die Marge am Ende selber zu entscheiden.

Fazit

Ein Marktplatz ist eine Möglichkeit für jeden Händler, den Ab- & Umsatz zu steigern. Dennoch bietet der eigene Onlineshop unschätzbare Vorteile. Kundenfokussiertes Marketing und die Vermittlung der eigenen Werte und Marke sind über den eigenen Shop deutlich einfacher. Der Händler muss hier nur genügend Pflege betreiben, sodass die Kunden zukünftig anstatt bei einem Marktplatz zu suchen, lieber direkt den Weg in den Onlineshop wählen. Schließlich ist man dort sein eigener Herr und kann seinen Kunden ein einmaliges Kauferlebnis bescheren.

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