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Die Kunst des "Gesichterlesens"

27.04.2012

Eine uralte (Pseudo-)Wissenschaft?

Das kommt nicht von ungefähr. Schon seit Jahrtausenden findet die These Anhänger, dass insbesondere das Gesicht eines Menschen uns viel über dessen Wesen verrät. Nicht nur die Vertreter der traditionellen chinesischen Medizin vor mehr als 2000 Jahren sowie die griechischen Denker Sokrates und Aristoteles waren hiervon überzeugt, auch solche Geistesgrößen wie Alexander von Humboldt und Johann Wolfgang von Goethe.

Doch auch große Dichter und Denker können sich irren beziehungsweise sind Kinder ihrer Zeit - und manch Lehre, die im wissenschaftlichen Gewand daher kam, entpuppte sich schon als Pseudowissenschaft. Unabhängig davon, wie viele Anhänger die Physiognomik in der Vergangenheit hatte beziehungsweise heute hat, bleibt also die Frage: Lassen sich aus den circa 300 Unterscheidungsmerkmalen, die die Physiognomiker in den Gesichtern von Menschen glauben ausmachen zu können, Rückschlüsse auf solche Persönlichkeitsmerkmale wie zum Beispiel soziale Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit, emotionale Stabilität und Intelligenz ziehen?

Ein kategorisches "Ja" ist vermutlich ebenso unzutreffend wie ein kategorisches "Nein". Denn vieles erinnert bei der Diskussion über die Physiognomik an die Diskussion darüber, welchen Einfluss Vererbung und Erziehung (beziehungsweise Sozialisation) auf die Persönlichkeit eines Menschen haben. Auch hierüber lassen sich endlose verbale Glaubenkriege führen, weil letztlich die Antwort vermutlich irgendwie in der Mitte liegt, und es primär von der Weltanschauung und vom Menschenbild der jeweiligen Person abhängt, inwieweit diese eher der einen oder anderen Auffassung zuneigt. Entsprechend differenziert und mit Bedacht sollte sich denn auch jeder äußern, der sich mit dem Thema Physiognomik befasst - auch aufgrund der historischen Erfahrung, welche unbeabsichtigte Konsequenzen zuweilen gewisse Lehren haben.

Dabei gilt es insbesondere zwei Aspekte zu beachten. Erstens: Die aus gewissen Körpermerkmalen abgeleiteten Informationen sollten nie als grundsätzliche Normierungen interpretiert werden. Sie sollten, wenn überhaupt, nur als Indikatoren, also Hilfsmittel verstanden werden, zum Bilden erster Thesen über eine Person. Zweitens: Aus einzelnen Merkmalen sollten keine apodiktischen Schlüsse wie "Wer pralle Lippen hat, ist sinnlich" oder "Wer eine hohe Stirn hat, ist klug" gezogen werden. Denn wenn überhaupt, lassen sich erst aus der Gesamtsicht des Gesichts sowie der Ausprägung der einzelnen Partien gewisse Tendenzaussagen über Menschen machen.

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