VestiFi umgarnt den Channel

Eine Box, die das WLAN „aushorcht“

Ronald Wiltscheck widmet sich bei ChannelPartner schwerpunktmäßig den Themen Software, KI, Security und IoT. Außerdem treibt er das Event-Geschäft bei IDG voran. Er hat Physik an der Technischen Universität München studiert und am Max-Planck-Institut für Biochemie promoviert. Im Internet ist er bereits seit 1989 unterwegs.
Mit der Einstellung des Channel-Veterans Michael Dopmeier hat der Rostocker Startup VestiFi seine Absicht, mehr Vertriebspartner unter Vertrag zu nehmen, nochmals deutlich bekräftigt.

Deutschland ist sicherlich kein Paradies für IT-Startups, dennoch schaffen es einige von ihnen, recht schnell zu wachsen. Irgendwann ist aber der Punkt erreicht, wo der eigene Vertrieb die Kundenanfragen nicht mehr bewältigen kann. Dann benötigen diese Jungunternehmer die tatkräftige Unterstützung von versierten Vertriebspartnern. Eines der erfolgreichen Startups, das diese Phase erreicht hat, ist zum Beispiel das Unternehmen VestiFi aus Rostock.

Michael Dopmeier, Geschäftsführer Vertrieb bei Vestifi: ""Ich freue mich sehr, wieder im Channel tätig zu sein!"
Michael Dopmeier, Geschäftsführer Vertrieb bei Vestifi: ""Ich freue mich sehr, wieder im Channel tätig zu sein!"
Foto: Vestifi

Firmengründer Till Wollenberg ist ausgebildeter Diplom-Informatiker "mit starker Neigung" zur Elektrotechnik, wie er sich selbst beschreibt. Und schon vor 20 Jahren (da war er noch Teenager) beschäftigte sich Wollenberg mit dem Thema "WLAN". Damals kaufte er sich vom ersparten Taschengeld eine der ersten PCMCIA-WLAN-Steckkarten für den Laptop: "Da ragten so knubblige Antennen an der Seite heraus, ich fand das damals ganz faszinierend".

Wollenberg wollte es aber ganz genau wissen, wie so ein drahtloses Netzwerk funktioniert und hat sich in den folgenden Jahren ganz dem Thema "WLAN verschrieben. Er hat sich auch wissenschaftlich mit dieser Technologie auseinandergesetzt - an der Uni Rostock. "Die haben mich dort einfach alles machen lassen", so Wollenberg. Sogar eine Promotionsstelle hat er dort angenommen und beschäftigte sich dort mit der Kanalauslastung in WLANs. Sein Ziel war es, genau vorherzusagen, wo und wann "Datenstaus" entstehen werden.

Dafür musste er aber erstmals ganz viele Daten aus WLANs erfassen. Um dies nicht manuell machen zu müssen, hat sich Wollenberg kurzerhand ein eigenes vollautomatisch arbeitendes Datenerfassungsgerät gebastelt. Sein knappes Budget reichte sogar zum Bau mehrerer dieser Messsonden. Und genau dieser Sensorknoten war der Grundstein zum eigenen Unternehmen VestiFi.

Hamburger Hafen als Pilotkunde

Bereits 2013 hat sich die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) an Wollenberg gewandt. "Sie waren auf der Suche nach jemandem, der ihnen helfen könnte, die Ursachen für einige WLAN-Probleme aufzudecken", erinnert sich der Forscher. "Wir haben drei meiner Prototypen auf Fahrzeuge montiert, um sie eine Woche lang durch den Hafen fahren zu lassen."

Recht bald konnte Wollenberg dem Hamburger Hafen zeigen, wo seine WLAN-Probleme lagen und wie sie zu lösen waren. Folgeaufträge waren die Konsequenz aus diesem Erfolg. Nachdem die Finanzierung seiner Dissertation an der Uni nicht mehr gesichert war, entschloss sich Wollenberg, seine Messsonden kommerziell einzusetzen und Anfang 2016 mit Unterstützung einiger Förderungsprogramme eine eigene Firma zu gründen, die VestiFi GmbH.

Er fand zwei Mitstreiter, Christoph Müller, der heute alsProkurist fungiert, und Robert Ziemann, der weiterhin als Entwickler bei VestiFi arbeitet. Bereits 2017 wurde die aus der ursprünglichen Messsonde weiterentwickelte VestiFi-Box der zweiten Generation gelauncht und in Kleinserie gefertigt. Damals agierte VestiFi noch selbst als Berater, wurde beim Kunden vorstellig und betrieb dort Troubleshooting.

2020 stellte man aber bei VestiFi fest, dass das Geschäft nicht so richtig skalierte. Es wurden zwar immer mehr Kunden akquiriert, aber die Analyse der drahtlosen Netzwerke und die damit zusammenhängende Beratung nahmen einen Großteil der begrenzten personellen Ressourcen in Anspruch.

Und so fällten Wollenberg und Müller eine klare Entscheidung. VestiFi wollte ein reiner Hersteller werden, die Beratung sollten Vertriebspartner übernehmen. Hierzu musste zuerst aber die zur VestiFi-Box gehörende Software so angepasst werden, dass die WLAN-Analysen quasi automatisch ablaufen konnten. Und externe WLAN-Experten sollten dann aus den Ergebnissen der WLAN-Analysen die passenden Maßnahmen beim Kunden ergreifen. "Uns war von Anfang an klar, dass wir selbst diese vielen WLAN-Experten nicht einstellen konnten", so Wollenberg.

Der Wandel vom Dienstleister zum Hersteller

Indem VestiFi sich zum reinen Anbieter und Betreiber der Analyse-Plattform wandelte, konnten die WLAN-Experten bei den Partnerunternehmen die Kundenprojekte übernehmen. "Unser Geschäftsmodell hat sich komplett geändert - vom Berater zum Hersteller", erinnert sich Wollenberg. 2020 stellte er den Direktvertrieb komplett ein, den übernahmen damals Vertriebspartner, zum Beispiel Systemhäuser.

Mitte 2022 wurde den VestiFi-Gründern klar, dass sie einen echten Profi als Channel-Betreuer engagieren mussten, und mit der Einstellung von Michael Dopmeier als Geschäftsführer Vertrieb gelang ihnen ein echter Coup. Immerhin kennt Dopmeier die Netzwerkbranche und den dazugehörigen Channel wie kaum ein anderer - nach über 23-jähriger Tätigkeit bei den Netzwerkanbietern Elsa (heute: Lancom), AVM und TP-Link.

Im Gespräch mit ChannelPartner betonte Dopmeier, dass das Einzigartige an der VestiFi-Lösung die Tatsache ist, dass die komplette WLAN-Analyse beim Kunden ohne Zutun des Vertriebspartners vor Ort passiert. Denn der Kunde kann selbst die VestiFi-Box in seinem Netzwerk in Betrieb nehmen, worauf sich dann der Techniker des Vertriebspartners per LTE in die Box einwählt und sie konfigurieren kann. Danach "hört" die Box dem WLAN-Verkehr beim Kunden nur passiv zu. Die Inhalte bleiben dabei natürlich verschlüsselt. Die in der Box abgespeicherten Daten werden im Anschluss von der VestiFi-Software analysiert und dem Vertriebspartner zur Verfügung gestellt.

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Im Gegensatz zu den von Wettbewerbern angebotenen Lösungen, die vom Techniker vor Ort betrieben werden müssen, muss der WLAN-Experte beim VestiFi-Vertriebspartner nicht zum Kunden herausfahren. Er kann im Prinzip also mehrere derartige Aufträge in gleicher Zeit ausführen. Denn eine typische WLAN-Analyse beim Kunden kann auch mehrere Tage in Anspruch nehmen. Bezahlt wird im "pay-per-use"-Verfahren.

Zur Zeit sind im Schnitt 40 bis 60 Vestifi-Boxen parallel bei Kunden im Einsatz, die Anzahl der Systemhäuser, die mit VestiFi in Deutschland zusammenarbeiten, soll auch schon zweistellig sein. Mitte November 2022 durfte Michael Dopmeier die VestiFi-Lösung auf der Partnertagung des Systemhaus-Verbunds Kiwiko vorstellen und hat dort viel positives Feedback erhalten, wie er in einem Linkedin-Post kundtat. Aber auch ein paar der großen deutschen Systemhäuser und Provider haben die Vestifi-Lösung im Rahmen von Technik-Pitches bereits kennengelernt.

Die WLAN-Spezialisten unter den hiesigen IT-Dienstleistern kommen langsam auf den Geschmack. Erst Anfang Dezember 2022 hat das Leipziger IT-Systemhaus Benyo Free WiFi mit VestiFi ein Vertriebsabkommen abgeschlossen, was Dopmeier sehr erfreut hat: .„Mit Benyo haben wir einen ausgewiesenen Netzwerk-Experten als Partner gewinnen können."

Steffen Baum, Technischer Leiter bei Benyo, ist ebenfalls happy: "Wir haben lange nach einer Lösung gesucht, mit der WLAN-Analysen so einfach und tiefgreifend möglich sind. VestiFi ist das perfekte Match, um diese Lücke zu schließen." Benyo seit 2014 am Markt tätig und bietet Netzwerkdienste deutschlandweit an.

Vestifi 2023

Die Ziele, die sich Michael Dopmeier für die kommenden gesetzt hat, sind ehrgeizig: Er möchte "in absehbarer Zeit" VestiFi zum europäischen Marktführer für WLAN-Analyse, -troubleshooting und -Monitoring machen. Angesichts der jüngten Erfolge, ist das gar nicht so unwahrscheinlich.

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