Wie der Wandel gelingt

Unternehmensnachfolge im Channel

Jan Friedrich ist Vice President Field Marketing Central Europe bei Sage. Er gilt als Experte für Unternehmensnachfolge im Mittelstand.
Immer mehr Inhaber kleinerer und mittelgroßer Unternehmen, darunter auch viele Systemhäuser, stehen vor der Herausforderung, einen geeigneten Nachfolger zu finden.
Immer mehr Inhaber kleinerer und mittelgroßer Unternehmen, darunter auch viele Systemhäuser, stehen vor der Herausforderung der Stabübergabe.
Immer mehr Inhaber kleinerer und mittelgroßer Unternehmen, darunter auch viele Systemhäuser, stehen vor der Herausforderung der Stabübergabe.
Foto: soo hee kim - shutterstock.com

Aufgrund der demographischen Entwicklung haben Firmeninhaber statistisch gesehen jedoch immer weniger Nachkommen, die für die Übernahme des Firmenerbes in Frage kommen, und suchen deshalb verstärkt nach externen Nachfolgern. Bei einer Unternehmensübernahme gilt es jedoch viele Aspekte zu beachten. Vor allem die Klärung der finanziellen Fragen kostet Zeit.

Business-Plan erstellen und Förderprogramme der öffentlichen Hand nutzen

Wer ein bestehendes Systemhaus übernimmt, kann von funktionierenden Strukturen und Prozessen profitieren und gleichzeitig eigene Ideen umsetzen - beispielsweise im Bereich der Weiterentwicklung des Produkt- und Serviceportfolios. Allerdings bedarf dieses Vorhaben einer gründlichen Vorbereitung. So sollte sich der Kaufinteressent zunächst einen umfassenden Überblick über die laufenden Geschäfte, die betriebsinterne Infrastruktur und den personellen Status quo des Unternehmens verschaffen. Entscheidend ist dabei das Wachstumspotenzial - etwa ob das Systemhaus zukunftsträchtige SaaS- und Cloud-Services anbietet oder plant, in diesem Umfeld zu investieren.

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Um die finanzielle Umsetzbarkeit der Übernahme zu prüfen, benötigt der Kaufinteressent einen Business-, beziehungsweise Fortführungsplan, der darlegt, wie sich die finanzielle Umsetzbarkeit der Übernahme, aber auch die Unternehmensentwicklung in Zahlen darstellt. Gleichzeitig gibt ein derartiges Vorgehen Aufschluss darüber, ob sich ein Geschäftsvorhaben überhaupt lohnt.

Es geht dabei neben dem Kapitalbedarf und der Investitionsplanung auch um konkrete Finanzierungsmöglichkeiten einschließlich Liquiditäts- und Rentabilitätsberechnungen. Eine Liste der monatlich geschätzten Ein- und Auszahlungen ist ein wichtiger Anhaltspunkt, ob das Unternehmen zahlungsfähig ist und bleibt.

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Je nach Betriebsgröße sollte hierbei ein Zeitraum von zwei bis fünf Jahren erfasst sein. Im Zuge der Planungsphase müssen Nachfolger darüber hinaus angeben, aus welchen Quellen die Finanzierung erfolgen soll und zu welchen Anteilen diese über Eigen- und Fremdkapital sowie Förderungen erfolgt.

Empfohlen wird eine Eigenkapitalquote von 20 Prozent. In der Regel ist zusätzliches Fremdkapital nötig - etwa ein Geschäftskredit der Hausbank des Systemhauses, Ratenzahlungen auf den Kaufpreis, Geld von Risikokapitalgebern oder finanzielle Mittel durch die öffentliche Hand.

Bund und Länder bieten hierfür unterschiedliche Programme zur Unterstützung von Unternehmensnachfolgern an - beispielsweise den Mikrokreditfonds Deutschland. Auch die einzelnen Bundesländer haben eigene Förderprogramme, um die sich Unternehmensnachfolger gemeinsam mit ihrer Hausbank bewerben können. Hinzu kommen rund 150 weitere Organisationen (siehe Förderdatenbank des Bundes). Aufgrund der Vielzahl an Möglichkeiten ist die Recherche zeitaufwändig. Ohne externe Beratung sollte man dafür mindestens ein Jahr einplanen.

Was ist das Unternehmen wert? Ein häufiger Knackpunkt bei Verhandlungen

Die Unterstützung externer Berater, etwa von einer Bank, empfiehlt sich auch bei der Ermittlung des Kaufpreises. Es gibt zwar unter anderem mit dem Ertragswert- und dem Ebit-Verfahren allgemein anerkannte Methoden, die in der Praxis als Grundlage zur Ermittlung eines Unternehmenswertes dienen. Doch immaterielle Werte wie Unternehmenskultur, Verhältnis zu Lieferanten und Kunden, Position im Markt und innerhalb der Branche sowie Geschäfts- oder Produktidee unterliegen oft sehr eigenen, subjektiven Bewertungsperspektiven.

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Eine weitere Herausforderung ergibt sich, wenn Kaufpreis und Wert eines Unternehmens verwechselt werden. Innovationsstärke, Wachstumspotenzial, kreative Mitarbeiter - dies alles fließt in den Wert einer Firma ein, lässt sich monetär aber kaum berechnen. Darüber hinaus spielt auch der emotionale Wert, der einem Betrieb zugemessen wird, eine wichtige Rolle. Vor allem beim Verkauf von Familienunternehmen ist dies einer der häufigsten Knackpunkte, da hier seitens des Verkäufers und seitens des Käufers grundverschiedene Wahrnehmungen vorherrschen können. In solchen Situationen ist der objektive Blick von außen bei der Unternehmensbewertung ein wichtiges Korrektiv.

Neue Wege gehen: SaaS- und Cloud-Modelle sind die Zukunft

Wenn alle finanziellen Fragen geklärt sind, geht es in einem nächsten Schritt darum, die strategischen Weichen zu stellen. So sollte der Nachfolger das Geschäftsmodell an die aktuellen Marktanforderungen anpassen. Indem er den Wandel in Richtung SaaS (Software as a Service) und Cloud einleitet beziehungsweise vorantreibt, kann er das Systemhaus als innovatives Unternehmen am Markt positionieren. Dies gilt nicht nur für die angebotenen IT-Technologien und Bereitstellungsmodelle, sondern betrifft auch die Art und Weise, wie die Systeme abgerechnet werden.

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Die Umstellung auf das Subskriptionsmodell, welches das klassische Lizenz-Business sukzessive ersetzt, ist ein weiterer wichtiger Meilenstein bei der Transformation eines Systemhauses hin zu einem zukunftsfähigen Anbieter von SaaS und Cloud-basierten IT-Systemen.Neben den finanziellen und strategischen Weichenstellungen ist darüber hinaus von Beginn an ein enger Dialog mit den Mitarbeitern notwendig. Eine offene Kommunikation hilft dabei, in der Belegschaft die Akzeptanz für geplante Veränderungen wie Modernisierungsmaßnahmen beim Geschäftsmodell zu steigern.

Indem Unternehmensnachfolger auf jeden einzelnen persönlich eingehen und neue Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen, können sie Vertrauen zu den Beschäftigten aufbauen und den Teamgeist stärken. Grundlegende Veränderungen beim Business-Modell und Portfolio gehen somit auch immer mit einem Change-Prozess einher, in den jeder einzelne Mitarbeiter eingebunden sein sollte. Denn neue Strategien sollten auf einem soliden Fundament stehen und vom Unternehmen als Ganzes mitgetragen werden. Nur so lassen sich die Wettbewerbsvorteile, die sich daraus ergeben, auch nachhaltig nutzen.

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