Innovations ON-Chef Tom Simon

"Wir sehen uns gegenüber klassischen Systemhäusern klar im Vorteil"

Regina Böckle durchforstet den Markt nach Themen, die für Systemhäuser und Service Provider relevant sind - oder es werden könnten - und entwickelt dazu passende Event-Formate.
Innovations ON will die IT-Komplexität für Kunden reduzieren und möglichst Everything as a Service anbieten. Infrastructure as Code ist Kern des Modells. Wie es funktioniert, erläutert der Chef des Cloud Native AWS-Partners im Interview.

Innovations ON bezeichnet sich selbst als "Next Generation MSP". Was unterscheidet den "Next Generation MSP" vom MSP?

Tom Simon: Ein Managed Service Provider betreibt die IT- oder Cloud Umgebung seiner Kunden und verantwortet demnach Performance, Sicherheit und Stabilität. Wir haben diesen Ansatz auf ein neues Level gehoben, in dem wir in den letzten zweieinhalb Jahren zahlreiche automatisierte Prozesse entwickelt und in unsere Services integriert haben.

Wie sieht das konkret aus?

Tom Simon: Unser Konstrukt basiert dabei auf Infrastructure as Code und ist sehr anpassungsfähig, was sich vorteilig für den Kunden und dessen Umgebung auswirkt. Jedes Kundenbedürfnis kann trotz standardisierter Prozesse individuell umgesetzt werden. Außerdem verfolgen wir seit der Firmengründung einen cloud-nativen Ansatz und haben diesen auch auf unseren Managed Service übertragen.
Als Next Generation Managed Service Provider bieten wir unseren Kunden daher einen authentischen cloud-nativen Betrieb ihrer Cloud-Umgebungen, mit Managed Services, die Infrastrukturen nicht nur überwachen und Störungen melden, sondern diese zu Teilen auch vollautomatisiert lösen.

Damit können wir einem Kunden zwei Versprechen geben:

  • Wir sind Public Cloud - zu 100%, von unseren Prozessen, über unsere Tools bis hin zu Ihrer Lösung

  • Durch unseren Next Generation Managed Service Ansatz bieten wir Ihnen die Performance, Erreichbarkeit und Sicherheit für Ihre Cloud, die Sie tatsächlich brauchen.

Was machen Sie anders als MSPs, die sich vom Systemhaus zum MSP transformiert haben?

Tom Simon: In erster Linie hat die Innovations ON, ähnlich wie die Public Cloud Group, zu der wir uns mittlerweile zählen dürfen, keine Systemhaus-Vergangenheit. Das bedeutet vor allem, wir haben keine Altlasten wie eigene Server-Landschaften oder interne Rechenzentren, die es zu füllen gilt.
Wir agieren zu 100 Prozent in der Public Cloud und arbeiten deshalb seit Beginn der Firmengeschichte mit den relevanten Hyperscalern im Markt wie Amazon Web Services zusammen.
Wir machen demnach keine Kompromisse und haben keine internen Verpflichtungen gegenüber einem Hardware-gebundenen Geschäftsbereich zu erfüllen. Das gilt übrigens auch für unsere Managed Services, die wir speziell für die Public Cloud entwickelt und hochgezogen haben.

Als Cloud native MSP-Partner von AWS konzentriert sich Innovations ON auf das Geschäft mit IaaS und PaaS. Welchen Anteil hat das PaaS-Geschäft?

Tom Simon: Platform as a Service, oder auch PaaS, ist aktuell an ein rasantes Wachstum gekoppelt. Dies lässt sich mit den zahlreichen Early-Adopter-Unternehmen begründen, die aktiv Innovationen treiben und keine Alternativen aus der "alten IT-Welt" akzeptieren.
Gerade als zertifizierter Partner von AWS haben wir deshalb auch die Aufgabe, unsere Kunden in Richtung PaaS zu entwickeln, damit diese von den Vorteilen wie einem effizienteren operativen Betrieb ihrer Cloud-Umgebung profitieren können.
Trotzdem ist es wichtig zu sagen, dass auch der Bereich rund um Infrastructure as a Service weiterhin sehr stark ist. Viele Unternehmen setzen zu Beginn ihrer Cloud Journey auf einen "Lift & Shift" Migrationsansatz, bei dem die Cloud-Infrastruktur den Dreh- und Angelpunkt darstellt.
Um allen Kundenansprüchen heute und vor allem zukünftig entsprechen zu können, haben wir unseren Managed-Service-Ansatz daher sowohl für IaaS als auch für Paas ausgerichtet.

Tom Simon, Gründer und Geschäftsführer von Innovations ON
Tom Simon, Gründer und Geschäftsführer von Innovations ON
Foto: Innovations ON

Auf welche Probleme stoßen Sie bei Ihren Kunden aktuell am häufigsten?

Tom Simon: Natürlich ist jeder Kunde, den wir beraten und betreuen, individuell. Es lassen sich aber durchaus aktuelle Herausforderungen im deutschsprachigen Markt erkennen.
Ein Punkt ist das fehlende Wissen zu relevanten Cloud-Technologien, sowie deren Bewertung-, Integrations- und Betriebsmöglichkeiten. Die Unternehmen sehen sich oftmals nicht in der Lage, ihren digitalen und Cloud-getriebenen Reifegrad sowie die eigene Cloud Journey zu definieren und umzusetzen.
Das liegt oftmals daran, dass sie in ihren alltäglichen Geschäften hängen und die Kompetenzen dort gebunden sind. Es bleibt also schlichtweg keine Zeit, sich detailliert mit Migrationsszenarien zu beschäftigen.
Deshalb versuchen wir gemeinsam mit unseren Kunden deren erstes "großes" Cloud-Projekt umzusetzen und dabei deren Innovationsgeist anzuregen und Expertise zu entwickeln.

Bei der Migration von SAP in die AWS-Cloud arbeiten Sie eng mit der All for One Group zusammen. Planen Sie weitere Kooperationen dieser Art auch für andere Themen?

Tom Simon: Auf diese Frage kann es bei uns nur eine richtige Antwort geben: Public Cloud Group! Wir haben Mitte des Jahres gemeinsam mit weiteren "Public Cloud Only" Unternehmen wie dem Premier Google Partner Cloudwürdig und dem Cloud-Nativen Entwicklungsunternehmen DI-ON.solutions die erste zu 100 % auf die Public Cloud ausgerichtete Gruppe gebildet.
Innerhalb dieser Gruppe richten wir das Portfolio durch gezielte Zukäufe oder Erweiterungen auf die gesamte Customer Cloud Journey mit allen notwendigen Lösungen und Themenfeldern aus.
Trotzdem setzen wir auch weiterhin auf erfahrene und hoch angesehene Partner wie die All for One Group oder weitere Boutique-Partner für spezialisierte Themen.

Wann kommt ein potenzieller Kunde für Sie nicht als Kunde infrage?

Tom Simon: Wir leben sowohl in unserem Managed Service- als auch Cloud Lösungs-Portfolio nach dem Framework von Infrastructure as Code. Wir haben es bisher selten erlebt, aber: mit Kunden, die dieses Framework aus diversen Gründen nicht integrieren möchten, macht eine Zusammenarbeit aus beiderseitiger Sicht wenig Sinn.

Worin sehen Sie aktuell Ihre größte Herausforderung?

Tom Simon: Ganz klar, und wie nicht anders zu erwarten in der IT- und Technologiebranche, kämpfen auch wir mit dem Fachkräftemangel. Die "Cloud-Welt" ist in Europa und insbesondere in Deutschland seit circa fünf Jahren ein Thema. Seit etwa drei Jahren wird sie aktiv operativ gelebt und umgesetzt. Fachkräfte wie Cloud Consultants, Cloud Engineers oder Cloud Architects sind damit absolute Juwelen und müssen gefunden und überzeugt werden.

Nicht unbedingt eine Herausforderung nach Definition aber sicherlich ein stetiger Anspruch an uns selbst ist, den Innovationsantrieb nicht zu verlieren. Wir sehen uns durch unsere 100-prozentige Ausrichtung auf die Public Cloud, unsere Erfahrung und die Expertise unserer Mitarbeiter klar im Vorteil gegenüber klassischen Systemhäusern. Diesen Vorsprung gilt es beizubehalten und nach Möglichkeiten, wie durch die Gründung einer Public Cloud Group, weiter auszubauen.

In den meisten Unternehmen gibt es hybride IT-Infrastrukturen. Wie gehen Sie bei Ihren Kunden mit den Legacy-Systemen, die oft auch "on-premise"-Anteile umfassen, um? Arbeiten Sie z.B. auch mit Systemhäusern zusammen?

Tom Simon: In speziellen Fällen und je nach Kundensituation arbeiten wir für die Beratung und den Aufbau von hybriden IT-Infrastrukturen mit Partnern zusammen. Dabei übernehmen wir allerdings strikt den Public Cloud Part, um unsere Ausrichtung beizubehalten und die klaren Mehrwerte für den Kunden aus der Partnerschaft abzuleiten.

72 Prozent der Unternehmen hierzulande nannten in einer aktuellen IDG-Umfrage die Modernisierung ihrer Kernsysteme und Applikation, die häufig zwischen 6 und 10 Jahre alt sind, als größtes Problem, gefolgt vom Fachkräftemangel und einer extrem hohen Komplexität beim Betrieb ihrer IT-Landschaft, bedingt durch den Mix an On-Premise- und Cloud-Diensten. Investieren wollen die Kunden aber erst an 7. Stelle in die Automatisierung von Prozessen. Wie geht das zusammen?

Tom Simon: Ich habe den Eindruck, vielen Unternehmen ist noch nicht bewusst, dass sie nur mit einer umfassenden Automatisierungsstrategie ihre Kernprobleme in den Griff bekommen können. Viele müssen mit der Modernisierung der Infrastruktur erst die Basis dafür schaffen.

Was müssen IT-Dienstleiser also heute tun, um diese Probleme der Kunden zu lösen?

Tom Simon: Ob Public oder Private Cloud: Wir müssen zum Übersetzer werden zwischen den großen Anbietern von IT-Ressourcen und dem Endkunden, zwischen beiden Welten, und gleichzeitig Themen vorantreiben, die die IT-Abteilungen unserer Kunden langfristig schneller, flexibler und dynamischer werden lassen.

Wenn wir mittelständischen Unternehmen Services wie beispielsweise Managed Kubernetes anbieten wollen, löst das beim Kunden nur ein großes Fragezeichen aus. Bei den meisten sind aktuell noch andere Themen relevant, beispielsweise Lift- und Shift-Migrationen oder VMware-Themen. Demnach ist es auch unsere Aufgabe, dem Kunden seinen aktuellen Cloud-Reifegrad aufzuzeigen und verständlich zu machen. Dazu gehört auch die Weiterentwicklung dieser Reife mit den notwendigen oder potenziellen Maßnahmen.

Welche Folgen hat das für Sie als IT-Dienstleister?

Tom Simon: Es ist wichtig, dass wir für den Kunden die Komplexität aus den Themen nehmen. Das bedeutet für uns, dem Kunden möglichst vieles as-a-Service anzubieten - ob dieser Service nun On Premise oder in der Cloud läuft, ist dabei eher nebensächlich. Es muss für den Kunden einfach sein, einen Service zu beziehen.

In der hiesigen Public-Cloud-Partnerlandschaft haben sich momentan noch keine marktbestimmenden MSP/CSP-Größen etabliert, wie das im - mehr als 40 Jahre gewachsenen - Systemhausmarkt der Fall ist. Es gibt hier eher viele kleine, sehr spezialisierte Unternehmen. Was bedeutet das für Sie?

Tom Simon: Wir pflegen mit und in dieser Community fast schon ein freundschaftliches Verhältnis, um Kunden ganzheitlich unterstützen zu können, ohne alle Kompetenzen bei uns im Haus selbst aufbauen zu müssen. Ich gehe davon aus, dass sich diese "Boutiquen-Landschaft" in den nächsten Jahren konsolidieren wird.
Außerdem profitieren wir bereits nach wenigen Monaten von der Public Cloud Group, deren Portfolio eine ganzheitliche Customer Cloud Journey abbildet. Hier arbeiten wir mit Experten, die wir nun Kollegen nennen dürfen, für unterschiedliche Bereiche zusammen und ergänzen so unser Wissen und maximieren dadurch den Kundenvorteil.

Was werden in den nächsten 2 bis 3 Jahren die bestimmenden Themen werden für Kunden und IT-Dienstleister?

Tom Simon: Everything as a service. Es wird sich irgendwann ein Layer über den Cloud-Providern herauskristallisieren. Schon heute wird in dieser Richtung mit Software-Lösungen experimentiert. Stand heute gibt es diese Lösung noch nicht, aber das wird kommen. Und dann kann der Kunde einfach entscheiden, welchen Workload er auf welche Plattform schieben möchte, abhängig z.B. von der Preis- oder Skalierungsanforderung. Dann allerdings wird der Serivce Provider nicht mehr die Relevanz haben, die er heute noch hat.

Wie bewerten Sie an dieser Stelle CloudBlue? Hätte dieser Ansatz "das Zeug" zu einem solchen Layer zu werden?

Tom Simon: Sag niemals nie! Mit Sicherheit hat das Unternehmen Potenziale sich zu einem ganzheitlichen Layer zu entwickeln. Dazu gehört aber auch immer etwas Glück, um zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle zu sein.
Wir beobachten und evaluieren den Cloud Markt sehr genau und sehen hier, dass sich in der kurzfristigen Zukunft Firmen als Layer herauskristallisieren werden.

Das heißt, das Modell, das Innovations ON erfolgreich gemacht hat und heute trägt, muss in rund 3 Jahren durch ein neues oder ergänzendes Modell abgelöst werden. In welche Richtung gehen Sie hier vor?

Tom Simon: Wir revolutionieren unser Portfolio rund um Cloud Lösungen und Managed Services immer wieder auf ein Neues. Wir bündeln Kräfte und bilden eine Public Cloud Group, um den Anforderungen unserer Kunden nicht nur einen, sondern bestenfalls zwei Schritte voraus zu sein. Zudem pflegen wir nach wie vor ein sehr enges Verhältnis zu unseren Partnern wie Amazon Web Services und verstehen uns hier auch als Ergänzung zum Angebot der Hyperscaler.

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