Cema-Chef Rolf Braun zu Big Data

"Heutige Storage-Technologie wird künftig unbezahlbar"

05.11.2012

CP: Weshalb sehen Sie hier das Risiko von "Storage-Spekulanten"?

Braun: Alle großen Anbieter im IT-Markt - unter anderem Google, Amazon, Apple, Microsoft, Dell, IBM, - haben riesige Datencenter aufgebaut - oder sind gerade dabei, diese aufzusetzen. Diese Rechenzentren benötigen gigantische Storage-Kapazitäten. Microsoft beispielsweise bietet Office-365-Kunden kostenfrei fünf Gigabyte Speicherplatz. Diese Anbieter ziehen einen Großteil der Festplattenproduktion vom Markt ab. Wenn jetzt noch das Datenvolumen massiv wächst, dann werden diese Ressourcen knapp. Mögliche Naturkatastrophen haben damit noch fatalere Auswirkungen, als wir sie vergangenes Jahr nach der Flut in Thailand erleben mussten. Große Nachfrage bei knappem Angebot aber ruft erfahrungsgemäß auch Akteure auf den Plan, die mit der Technologie bzw. diesen Gütern selbst gar nichts zu tun haben, beispielsweise Banken, die damit handeln möchten.

CP: Ist das nicht ein etwas überzogenes Schreckens-Szenario?

Braun: Keineswegs. Nehmen wir an, Google kauft einen Großteil der Storage-Produktion, um seine Rechenzentren auszustatten. Aufgrund einer Naturkatastrophe oder eines anderen unglücklichen Umstands bei den Festplattenherstellern ist nur noch ein Viertel der Produktion verfügbar. Diese Ware könnte eine Bank oder ein Spekulant ganz einfach abgreifen, um die verknappte Ware teuer zu brokern. Mit Spekulationen dieser Art müssen wir rechnen.

CP: Wir setzen also heute auf eine Technologie, die dem rasanten Datenwachstum gar nicht standhalten kann?

Braun: Ja, hier wird ein Leck entstehen. Für Storage-Hersteller ist das schnelle Datenwachstum derzeit noch ein Eldorado, momentan wird gutes Geld verdient, weil sich Storage gut verkauft. Unsere Branche befindet sich momentan in einem "Verdienstrausch", aber der darf nicht blind machen. Denn es ist klar, dass der Endkunde damit verbundenen, immer weiter steigenden Kosten langfristig nicht finanzieren kann. Denn er zahlt nicht nur für die zusätzlichen Storage-Systeme, sondern auch für den Betrieb und das Management. Die Gefahr ist, dass zum Zeitpunkt, an dem dieser Zyklus seine Spitze erreicht hat, keine neue Technologie verfügbar ist, also der Technologiesprung verpasst wird.

CP: Storage-Hersteller begegnen dem Problem aber doch auch mit Lösungen zur Deduplizierung und Komprimierung…

Braun: Das Problem dabei: Massendaten erfordern schnelle Zugriffe und Auswertungsmöglichkeiten. Die Deduplizierung und Komprimierung von Daten läuft dem entgegen. Auf all die genannten Herausforderungen müssen Systemhäuser und Hersteller eine Antwort finden. Die skizzierten Gefahren werden überwiegend nicht erkannt, weil alle mit Storage derzeit gutes Geld verdienen. Unternehmen, die sich nur auf Storage konzentrieren, werden es künftig schwerer haben, auch weiterhin dieses Geld zu verdienen.

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